GEDICHT - SERIEN

~ Friedensgedichte ~
Sonja Crone
Oberwil (CH)

Editorische Notiz

Mit zwei Gedichten und einem Bild setzt Sonja Crone  die von ARIEL-ART ausgeschriebene Online-Serie der Anti-Kriegs- und Friedens-Gedichte fort.

 

 

Sonja Crone

wurde 1982 in Speyer am Rhein  geboren und lebt  in Oberwil bei Basel (Schweiz). Sie ist Lyrikerin, bildende Künstlerin und Lektorin. Im Rahmen dieser Tätigkeit gibt sie auch Lyrikcoachings. Ihre Texte wurden bisher in zahlreichen Anthologien, z.B. in Versnetze_14 und 15 auf Onlineplattformen (wie ehemals www.fixpoetry.com) und in Literaturzeitschriften, u. a. in Der Dreischneuß, Der Maulkorb, Kalmenzone, stadtgelichter und erostepost publiziert. 

 

 

der letzte flügelschlag

 

unter

trümmern

das sein

mensch

war ein

wort

nun ist es

leer

geschwiegen

taubstumm

geschlagen

entglitt dieser

letzte flügelschlag

 

 

 

 

Ich stehe nun hier

und trinke gemächlich

mein Bier

noch ist nicht meine Zeit

sagte ich mir …

ich würfle und spiele nicht mit,

entschied mich und ging.

Stellʼ dir vor es ist Krieg

und keiner geht hin!

 

 

Text & Picture Copy Right @ Sonja Crone ~  ARIEL-ART 2023-05-28

 

 

Barbara Imgrund
Heidelberg (D)

Editorische Notiz

Mit Barbara Imgrunds Gedichten setzen wir die von ARIEL-ART ausgeschriebene Online-Serie der Anti-Kriegs- und Friedens-Gedichte fort.

 

Barbara Imgrund

wurde im niederbayerischen Landshut geboren, wuchs in Kaufbeuren/Allgäu auf und studierte Germanistik in München (Neuere deutsche Literatur, Mediävistik, Komparatistik, Abschluss M.A.). In den Semesterferien hat sie eine Ausbildung zur Schwesternhelferin absolviert u. auf einer Station für Aids- und Krebskranke gearbeitet. Später war sie einige Jahre als Lektorin in verschiedenen renommierten Münchener Verlagen tätig. Seit 1998 arbeitet sie als selbstständige Lektorin, Literaturübersetzerin und Autorin, seit 2000 lebt sie in Heidelberg. Sie hat fünf Bücher mit eigener Literatur geschrieben und 60 Bücher aus dem Englischen übersetzt.

 

 

 

Krieg, Tag eins

Ich wache auf in einen schwarzen Morgen,

am Himmel Sturm, ich höre keinen Vogel mehr.

Daheim bin ich nicht länger sicher und geborgen,

und Frieden ist nur noch ein Wort und leer.

Vorbei mein altes Leben mit einem Donnerschlag,

und wie ein Blitz so grell trifft mich Erkennen,

dass Freiheit Zukunft ist, an diesem selben Tag,

da unsere Hoffnungen und Häuser brennen.

 

 

Trümmergedicht

Aus den Fugen die Welt

nichts mehr, wie es war

ein Schlachten im Feld

am Siegesaltar

sieh den Lorbeer im Dreck

Sirenengesang

Rot geht nie wieder weg

Krieg ist kein Anfang

 

 

 

Keine Feinde

nimm meine Hand

ich führe keinen Krieg

Land gegen Land

ich brauche keinen Sieg

als Unterpfand

nur deine Hand.

 

 

Worte meine Waffen

So seien Worte meine Waffen:

zu zielen, ohne scharf zu schießen

zu treffen ohne Blutvergießen

aus dieser Welt den Krieg zu schaffen

in eine, wo wir Frieden schließen

 

 

Text Copy Right @ Barbara Imgrund~  ARIEL-ART 2023-05-18

Natalia Breininger
Heidelberg (D)

Editorische Notiz

Mit Natalia Breiningers Texten eröffnen wir die von ARIEL-ART ausgeschriebene Online-Serie der Anti-Kriegs- und Friedens-Gedichte. Die akzeptierten Gedichte weiterer Autoren*, die an dieser Reihe mitgewirkt haben, veröffentlichen wir im Halbwochenrhythmus, zunächst online, später  gesammelt in der nächsten ARIEL-PRINT- Ausgabe.

 

Natalia Breininger

wurde in Riga (Lettland) geboren, studierte Slavistik und Philosophie (B.A.) sowie  Transcultural Studies (M.A.) an der Universität Heidelberg sowie  Schauspiels an der theaterwerkstatt heidelberg. Seit 2009 ist sie mitunter als freie Autorin, Übersetzerin und Publizistin tätig. Veröffentlichungen u.a. in die horenmosaik und tau sowie der Anthologie Mixtape. In 2016 erste photographische Soloausstellung (taktil) am Deutsch-Russischen-Kulturinstitut in Dresden, in 2017 erste Gruppenausstellung (hiraeth) an der Universität Heidelberg.

 

(Wenn die Welt sich verdunkelt)

 

Wenn die Welt sich verdunkelt

zünde ich kein Licht an kein Feuer

begehe ich die Welt nicht

baue auf ihr keine Tempel

beuge mich erdschwer

und schwerer

gleich

 

Wenn die Welt sich verdunkelt

kenne ich keine Flügel

spreche ich nicht von Freiheit

lösche deiner meiner Augen Glut

steche aus was noch sehen kann

liebe schwer

schwer

 

und doch leicht

 

 

from russia, with love

 

wie viele briefe wohl noch

in kolonien wie viele gebete im

himmel versanden werden vermag

ich dir nicht zu sagen mein herz nur

dass du sie in zeiten wie diesen besser

wieder für die schublade schreibst welche

einen schlüssel hat der sich

um den hals hängen lässt und in der deine

zeilen wie in den schnee ausgeflogene

spatzen überwintern können bis ich

heimkomme und sie zum

auftauen in die hand

nehmen kann

wenn

 

Text Copy Right @ Natalia Breininger ~  ARIEL-ART 2023-05-16

Dana Ranga
Berlin (D)

Pixelkrieg

 

Pixelkrieg um Menschenleben

Satellitengrüße vor dem Tod

ein Hund jagt durchs Bild

Mobile Waffe mobiles Telefon

gegen die Front gehalten

live den Krieg erleben!

Schalten sie ein

eine Stadt hält ihr Gesicht

dem Feuer entgegen

reglos, schreit nicht

versteinerte Angst

Frieden stirbt stumm

reglos, nur Bäume flackern

Sand, im Getriebe des Lebens

mit Gewalt Verzweiflung austreiben

wir schauen zu

und fühlen mit

empört strampeln wir

hilflos schreien wir

Macht und Mächtige

                                   

                             weit weg

 

 

Copy Right @ Dana Ranga~ ARIEL-ART 2023-01-19

Daniela Gesslein
Lichtenfels (D)

Terra

 

Über mir mein Stern.

Nah bei mir mein Mond.

Alles nicht zu fern.

 

Das wird reich belohnt.

Ich bin voller Leben.

Kein Fleck unbewohnt.

 

Flora, Fauna geben

alles überall.

Zauberhaftes Streben:

 

Pflanzen, grün und prall.

Prachtvoll, meine Zier.

Tiere ohne Zahl.

 

In und über mir,

Boden, Luft und Meer,

Selbst am Berg Getier.

 

Da und dort, noch mehr.

Alles wächst, gedeiht.

Aber dann kommt er:

 

Homo Sapiens Sapiens

Und alles wird jetzt anders.

 

Beginn der neuen Zeit.

Er spricht. Er baut. Er sinnt.

Triumph der Menschlichkeit.

 

Er hasst. Er kämpft. Er nimmt,

vergießt viel Blut.

Es schmerzt mich sehr, es stimmt:

 

Auch mir geht’s nicht mehr gut.

Vernarbt, missbraucht, verletzt,

schwitz’ ich in Feuersglut.

 

Und doch frag’ ich dich jetzt:

Ist dir, du Mensch, bekannt?

Auch dich betrifft’s zuletzt!

 

Denn wir sind eng verwandt:

als Terra und Terraner!

Die Lage ist brisant.

 

Copy Right @ Daniela Gesslein ~ ARIEL-ART 2023-01-04

Roland Adelmann
Dortmund (D)

Warnung vor Halluzinationen

 

kann auf
vielem kleben was das Leben gefährdet

zumindest
das Leben das nicht aus der
Norm fällt
Halluzinationen gehören bestimmt nicht dazu
auch wenn sie überall dort auftauchen
wo mensch sie am wenigsten vermuten
wie in
Bionudeln & keine Warnung davor
gewarnt hätte
Der Verlust der Kontrolle
lässt viele erschauern
die nicht glauben
was sie lesen
die nicht glauben
was sie hören
die den Ernstfall anbeten
damit sie von
ihren Ängsten erlöst werden
egal wie schlimm es wird
Sie haben Recht behalten
und das ist was zählt
Der Verlust außerhalb der Kontrolle
ist da unwichtig
Glaubensrisiko Überzeugungsrisiko
der Untergang
als Allheilmittel gegen das Denken
irgendwann
ist er immer eingetreten
keine Sinnestäuschung
wie die Schwarzweißbilder vermuten lassen
Nicht die Schuld
der Ergotalkaloiden
Nicht die Schuld
der Mutterkornpilze
(Schuld sind bekanntlich immer die anderen,
und hier haben wir endlich mal Schuldige,
die sich nicht wehren können und die
keiner in Schutz nimmt)
ein Leichtes also
zur Lynchjustiz zu greifen
ein Leichtes also
Law & Order nachzuspielen
lang genug
der Tatenlosigkeit zugesehen
wie sie sinnlos
eingesetzt wurde
um bei Laune zu halten
solange der Stammtisch noch
zusammenhielt
funktionierte das ganz redlich
bieder würden
manche sagen wollen uns aber
nicht streiten
über Begriffsfeinheiten sind ja
keine Spießer
gar Biedermänner
nur Besorgte die sich
eben Sorgen machen um den Zustand
den wir tatenlos entstehen ließen
und gerade
dass macht wütend
und in diesem Augenblick
grätscht die Natur dazwischen
und verdirbt
den ganzen Spaß der noch übrigblieb
nach
Abzug der Raubkunst
nach
Abzug der Mehrwertsteuer
als wäre
die Autokastrierung nicht schon
schlimm genug
demonstriert die Jugend gegen
die Altersphilosophie
die das Land nach vorne gebracht hat
ganz nach vorne
an die Tröge
sitzen auf den besten Plätzen
wenn es um
die Existenzsicherung geht
nicht am Rand
des Vulkans
ausnahmsweise nicht
die besten Plätze
direkt an der Bühne
zu sitzen
Aug in Aug mit dem Künstler
ein Privileg
für die Hungernden
ein Privileg
für die Durstenden
ein Privileg
für die Verzweifelten
der Eintritt lange bezahlt muss
lediglich
mitspielen wer hier vorne sitzt
Die Solidarität schaut aus sicherer
Entfernung
dem Jüngsten Tag zu
entgeht der Panik
laut der Konvention
kein Kollisionskurs
der nicht abgesegnet wurde
die Band spielt keine Lieder
die von Eisbergen
halluzinieren
keine Walküren suchen nach
Helden
für das letzte Abendmahl
keine Missdeutung
verkündet den Feierabend
keine Wetterfee
verspricht den Klimawandel
das Wochenende
wird ungemütlich
für den Grill

 

Copy Right @ Roland Adelmann ~ ARIEL-ART 2022-11-01