Fiction
Kai Bleifuß
Kai Bleifuß (Germany): German & English Texts

Ohne Titel

Die südfranzösische Hitze streckt ihre Finger aus und tastet sich in alle Räume vor. Mareike tritt in die Küche. Am Herd steht Henning, der Mann, mit dem sie seit neunzehn Jahren verheiratet ist. Er rührt mit einem langen Löffel im Gulaschtopf herum, versäumt es dabei aber nicht, ihr einen vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen: „Wo bleibst du denn?“

            Stumm greift Mareike zum Hackmesser und beginnt Paprikas zu häckseln, für die bunte Gemüsebeilage. Die Hitzefinger versengen ihre Gedanken. Obwohl der Ventilator auf Hochtouren läuft, könnte man glauben, er sei nur eine Attrappe, ein Bild in einem an der Decke befestigten Fernseher.

            Henning wendet sich von seinem Topf ab, um an der Arbeitsplatte Auberginen kleinzuschneiden. Während er dicht neben Mareike in Stellung geht und routiniert loslegt, versucht sie, etwas von seiner Präsenz zu spüren. Das kann doch nicht sein: Schulter an Schulter stehen sie da schnippelnderweise in der Küche, und trotzdem kommt sie sich beinah vor, als wäre sie allein im Haus. Dabei ist das sonntägliche Kochen so mehr oder minder das Letzte, was sie noch zusammen unternehmen.

Sie schiebt die fertigen Paprikastreifen beiseite und greift nach einer Zwiebel. „Hast du die Gewürze parat?“

Henning macht eine vage deutende Handbewegung: „Sicher doch. Immer schön die Augen aufmachen!“

Die Gemüsemesser knirschen durch widerständige Botanik. Mareike hört, wie die Zwiebel Zelle für Zelle nachgibt, ein Geräusch, bei dem sich ihr die Armhärchen aufstellen. Eigentlich eine schwachsinnige Idee, Gulasch in dieser Jahreszeit. Warum will er nur ständig Gulasch haben? Und warum lasse ich mich so oft darauf ein, verflucht nochmal? Missmutig tastet sie mit der Zunge ihren Gaumen ab, wo sich unterirdisch schon wieder eine kleine Verdickung abzeichnet, wie ein Vulkan, der sich heimlich und giftig mit Magma füllt. Die Messer knirschen durch die Stille. Und genau genommen hat sich Mareike ziemlich viel ziemlich anders vorgestellt, den Umzug nach Aix, das neue Standbein, das neue Leben…

Sie schaut zum Herd. „Hast du schon runtergeschaltet?“

Doch bevor Henning antworten kann, öffnet sich neben ihm flugs eine Schublade (die große, in der sie ihre Töpfe aufbewahren) und ein gewaltiges Krokodil schießt heraus. Polternd wirft es den Kopf zur Seite und beißt den überraschten Henning voll ins Knie. Pang. Der Gebissene lässt sein Messer fallen und brüllt auf der Stelle los: „Auaaaaaaa!“ (Oder so ähnlich.) Dann kippt er langsam um. Das Krokodil hängt ihm nach wie vor am Bein. Während er noch instinktiv versucht, sich am Griff eines Schränkchens festzuklammern, taumelt Mareike mehrere Schritte weg vom Geschehen. Im Blick ihres Mannes erkennt sie neben archaischer Panik auch ein Element, das sie seit ihrer Hochzeit nicht mehr gesehen hat: das großäugige Staunen eines erwachsen gewordenen Jungen, dass es so weit mit ihm hat kommen können, verbunden mit der Frage: Was…, äh, was geschieht hier eigentlich mit mir?

Das Krokodil (oder der Alligator; es könnte auch ein Alligator sein) zerrt ihn unbeirrt in Richtung Schublade.

Mareike stellt fest, dass sich ihre Angst in Grenzen hält, was aber sicher nur daher kommt, dass die Situation sie überfordert. Ihre Finger krampfen sich um den Messerstiel. Sie weiß, sie muss eines der gelben Augen treffen, das sind die Schwachpunkte, und sie muss schnell sein – zustoßen, bevor der Gegner reagieren und ihr seine Zähne in die Hand schlagen kann. Sie schätzt ab, wie das Krokodil ihre Pläne abschätzt. Das Krokodil will seine Beute rasch in Sicherheit bringen, ist doch klar. Trotzdem hat es bestimmt nichts dagegen, auch noch eine zu träge Mareike anzugreifen, links herum und dann in einer raschen Drehbewegung, oder rechts herum und steil aufwärts… Wozu es aber erst das Knie loslassen müsste – eine Tatsache, die ihr entscheidende Zehntelsekunden einbringen kann. Das Krokodil stoppt seinen Rückzug. Henning japst. Er klammert sich an das Schränkchen und versucht sich ein wenig aufzurichten. Das gelbe Auge fokussiert sich indessen gierig auf jede von Mareikes Bewegungen. Doch die lässt sich nicht schrecken. Sie richtet die Klinge exakt auf ihr Ziel aus. Wahrscheinlich, so geht es ihr durch den Kopf, bin ich zu schockiert, um richtig zu ticken. Der Raum schmilzt zu einem schmalen Streifen zusammen, der diesseits mit ihrer verkrampften Hand beginnt und jenseits in der Krokodilspupille endet. Mareike schnellt vor. Noch bin ich in der festgelegten Bahn, noch weicht das Vieh nicht aus, noch klappt alles, wie ich es mir gedacht habe, und auch jetzt noch, und auch jetzt noch…

Und jetzt nicht mehr. Im ersten Moment hat sie keine Ahnung, was passiert. Sie erkennt nur, dass die optimale Relation zwischen Waffe und Ziel verloren ist. Dann merkt sie, dass ihre ganze Umgebung aus dem Lot gerät. Aus einem der Hängeregale stürzen Gläser. Der Boden will sie glauben machen, er sei zu einem lebendigen Wesen geworden. Noch bevor in Mareikes Gedanken allmählich oder sehr rasch das Wort „Erdbeben“ auftaucht, befindet sich ihr messerbewehrter Körper auf dem Weg abwärts. Der Boden hüpft. Ich muss aufpassen, denkt sie, dass ich mich nicht selbst schneide. Alle möglichen Gegenstände springen wild und panisch durch das Zimmer. Der heiße Gulaschtopf hechtet vom Herd und verteilt seinen Inhalt über die Fliesen. Das Krokodil scheint leicht irritiert von Hennings Bein abzulassen, doch Genaueres ist nicht erkennbar, denn gleich darauf wird Mareikes Blickfeld jäh herumgeschleudert und fängt statt weiterer Krokodilsmanöver den Deckenventilator ein, wie er sich eben aus seiner Verankerung befreit. Ungebremst rotierend kommt er herabgetrudelt, schwenkt nach rechts und schlägt voll in Arm und Rücken des kauernden Henning ein. Pang. Henning lässt ein gurgelndes Geräusch hören: „Uŕŕrrghhhhh!“ (also: so ähnlich), bevor er von den Rotorblättern zerfetzt und in verschiedene Stücke geschlagen wird.

Dies ist der Moment, in dem Mareike am Realitätsgehalt ihres ganzen bisherigen Lebens zu zweifeln beginnt. Sie ist hart in der Ecke zwischen Kühlschrank und Spülmaschine gelandet, die noch immer wackeln, wenn auch nicht mehr so stark. Der Ventilator ist zum Stillstand gekommen. Das Krokodil schnappt sich ein am Boden liegendes Stück Arm und verschwindet damit rückwärts in der Schublade, die sich krachend wieder schließt.

– Mareike sitzt in der Ecke und spürt dem letzten Zittern des Untergrunds nach, oder sind das nur ihre Nerven? In geringem Abstand vor ihr liegt ein regloser Henning. Sie muss ihn nicht berühren, um zu wissen, dass er tot ist. Absolute Stille dringt von außen durch die Mauern und verbindet sich mit der Hitze zu einem festen einheitlichen Brei. Mareike sitzt in der Ecke. Erst nach längerer Zeit, die sie damit verbringt, nicht zu denken, richtet sie sich mühsam auf und schiebt sich Schritt für Schritt aus der Küche. Sicher ist es das Beste so; vielleicht hat das Vieh noch Hunger und bevorzugt ein Essen, das noch zappelt. Als sie die Tür hinter sich zumacht, fühlt sie sich bereits geringfügig entspannter. Die Katastrophenspuren im übrigen Erdgeschoss halten sich sehr in Grenzen. Im Wohnzimmer hat sich hinter dem Fernseher ein Stück Putz gelöst und in der Diele ist der Besen umgefallen. Mehr ist aufs Erste nicht zu entdecken. Mareike steht im Flur und starrt die Küchentür an. In weiter Ferne meint sie eine Sirene zu hören. Sie saugt die warme Luft in sich ein. Wenn ich es genau nehme… – so viel hat sich im Vergleich zu vorher doch gar nicht geändert, außer dass ich… dass ich nicht mehr jeden Sonntag kochen muss!

Sie will sich umwenden und gehen, rüber zum Telefon oder raus zu den Nachbarn, aber etwas hält sie fest. Was, kann sie selbst nicht erklären. Nach zwei, drei Momenten des Zögerns trippelt sie der verschlossenen Tür entgegen. Sachte nimmt sie die Klinke in die Hand, öffnet die Tür einen Spalt weit und späht in das dahinter verborgene Chaos. – Der Geruch von Gulasch dringt ihr in die Nase. Henning rührt mit langem Löffel im Topf herum und wirft ihr einen vorwurfsvollen Blick zu: „Wo bleibst du denn?“

Untitled

The heat of southern France stretches out its fingers and feels its way into every room. Mareike steps into the kitchen. At the stove stands Henning, the man to whom she has been married for nineteen years. He is stirring the goulash in the saucepan with a long spoon, while simultaneously throwing her a reproachful look: “What took you so long?”

Silently, Mareike reaches for the knife and begins to chop bell peppers for the colourful vegetable side dish. The heat’s fingers singe her thoughts. Although the fan is running at full speed, one could believe it was just a fake, an image on a TV fixed on the ceiling.

Henning turns away from his saucepan to cut aubergines into small cubes on the chopping board. As he takes up a position close to Mareike and gets started in his well-versed way, she attempts to sense an element of his presence. That is simply not possible: shoulder to shoulder they stand chopping in the kitchen, but she almost feels as if she were alone in the house nevertheless. And yet the Sunday cooking is more or less the last thing they still do together.

She pushes the strips of pepper aside and reaches for an onion. “Do you have the spices ready?”

Henning makes a vague pointing movement with his hand: “Sure. Just open your eyes!”

The knives grind their way through resisting botany. Mareike hears how the onion yields cell by cell, a sound at which the hair on her arm stands on end. Goulash at this time of the year is utterly insane. Why oh why does he constantly want goulash? And why do I give in so often, damn it? In displeasure she moves her tongue to sweep her palate, where under the surface a little bulge is emerging again like a volcano that secretly and venomously fills with magma. The knives grind through the silence. And if she’s honest, Mareike has imagined much rather differently, the relocation to Aix, the new occupations, the new life…

She looks at the stove. “Have you turned down the heat?”

But before Henning can answer, a drawer next to his feet flies open (the big one in which they store pots) and a giant crocodile rushes out. To the sound of clanging pans it cocks its head and latches onto the surprised Henning’s knee. Bang. Bitten, he drops his knife and instantly cries out: “Ooooooooow!” (Or something to that effect.) Then, he falls over slowly with the crocodile still attached to his leg. As he instinctively attempts to clutch at the handle of a cupboard, Mareike staggers several steps away from the scene. Besides archaic panic, she notices in him something she has not seen since their wedding day: the round, gaping eyes of a grown-up boy who is asking: What…, er, what the hell is happening to me?

The crocodile (it could also be an alligator) drags him unwaveringly into the drawer.

Mareike notices that her fear is being kept in check, which can only be down to the fact that she is overwhelmed by the situation. Her fingers tighten around the knife handle. She knows she has to strike one of the yellow eyes, those are the weak points, and she must be quick – stab out before the opponent can react and sink its teeth into her hand. She assesses how the crocodile is assessing her plans. The crocodile wants to secure its prey as quickly as possible, that’s for certain. Nevertheless it probably doesn’t have anything against attacking a shocked and sluggish Mareike as well, in a move to the left and then a swift turn, or to the right and then steeply upwards. To do that, however, it would first have to release the knee – a fact that could win her vital tenths of a second. The crocodile halts its retreat. Henning is panting. He is clinging to the cupboard and tries to pull himself up a little. Meanwhile, the eager yellow eye is now focusing on each of Mareike’s movements. But she is not deterred. She points the blade towards her target with precision. Am I too shocked to function properly? – she wonders. The room melts down into a narrow strip that begins on this side with her clenched hand and ends on the other in the crocodile’s pupil. Mareike darts forwards. I am still on the course I set, the beast is still not evading, everything is still going as predicted, and still now, and still now…

But now no longer. Initially she doesn’t have a clue what’s happening. She is only aware that the optimal relation between weapon and target is lost. Then, she realises that her entire surroundings are being thrown out of kilter. Glasses are falling from the shelves. The floor would have her believe it has transformed into an animated creature. Before the word “earthquake” emerges gradually or suddenly in Mareike’s thoughts, she finds herself on her way downwards still armed with the knife. I have to be careful, she thinks, not to hurt myself. All sorts of objects are flying around the room wildly. The hot goulash pot plunges from the stove and spreads its content over the tiles. The irritated crocodile appears to let go of Henning’s leg, but it’s difficult to get more detail on the situation because,  a moment later, Mareike’s visual field is swung around in a flash and, instead of capturing further manoeuvres by the crocodile, takes in the ceiling fan liberating itself from its mountings. Rotating wildly, it comes propelling down, turning right and slashing the cowering Henning’s arm and back. Bang. A groan is heard from Henning’s direction: “Uŕŕrrghhhhh!” (or something like that), before he is sliced in pieces and shred to ribbons.

This is when Mareike begins to doubt the degree of reality of her previous life. She has landed hard in the corner between the fridge and the dishwasher, both of which are still shaking, although not as intensely any more. The fan has come to a halt. The crocodile snaps up a piece of arm lying on the floor and scurries backwards into the drawer, which slams shut again.

– Mareike sits in the corner and senses the last tremors through the earth, or are these only her nerves? A small distance in front of her lies a motionless Henning. She doesn’t need to touch him to know he’s dead. An absolute silence penetrates through the walls from outside and blends with the heat to form a compact homogeneous mash. Mareike sits in the corner. Only after a long time, which she spends not thinking, does she painstakingly straighten herself up and stagger step by step out of the kitchen. Surely that is the best thing to do: perhaps the beast is still hungry and prefers food that is still wriggling with life. As she shuts the door behind her, she is already feeling marginally more relaxed. The scars of disaster over the rest of the ground floor are very limited. Behind the TV in the living room a slab of plaster has come off and the broom has fallen over in the hall. There doesn’t seem to be more at first glance. Mareike stands in the corridor and stares at the kitchen door. Thinking she can perhaps hear a siren in the distance, she inhales the warm air. If I were to be blunt … – not much has changed, except for the fact that I … that I don’t need to cook every Sunday anymore!

She has the urge to turn around and go, over to the telephone or out to see the neighbours, but something stops her. What it is, she can’t say. After two or three moments of hesitation, she tiptoes towards the closed door. Gingerly she reaches for the handle, opens the door an inch and peeks into the chaos hidden behind it. – The smell of meat, peppers and onions wafts over towards her. Henning is stirring the goulash in the saucepan with his long spoon and throws her a reproachful look: “What took you so long?”

„Du bist von hinten wie von vorne: A-N-N-A.“

(Kurt Schwitters, An Anna Blume)

 

 

Sag es auf keinen Fall mit Blumen!!

Grafton, West Virginia:

Anna [‚ænə] Jarvis stand mitten im Jahr neunzehnhundertacht herum und beging ein Verbrechen. So würde sie es zumindest später sehen. Momentan aber sah sie nur Mütter und Nelken, was völlig logisch ist, denn schließlich würde sie bald schon als die Initiatorin des Muttertags Furore machen. Es wird nie wieder ein Neunzehnhundertacht auftauchen, niemals in der Weltgeschichte, so hallte es durch ihren Kopf, und jeder Mai ohne Courage, den Stein endlich ins Rollen zu bringen, ist ein verlorener Mai…

„Darf ich Ihnen auch eine Nelke geben?“ – „Wozu?“ – „Weil Sie eine Mutter sind!“ – „Äh…, ach so, das ist aber nett.“

            Aus der Perspektive der Blumen übrigens gestaltete sich die Situation in etwa folgendermaßen: „Wasser! Was-ser!“ Aber das nur am Rande. Wenn sie gewusst hätten, worum es ging, hätten sie Anna verziehen.

            In diesem Augenblick der zivilisatorischen Entwicklung wussten allerdings nicht einmal die Menschen, worum es ging. Miss Jarvis musste sie, die da dicht gedrängt aus der sonntäglichen Kirche fluteten, einzeln aufklären, ohne auch nur eine der potentiellen Nelkenempfangskandidatinnen zu übersehen. „Warten Sie, nicht weggehen…“ – „Lassen Sie mich in Ruhe. Mit Sektierern will ich nichts zu tun haben!“ – „Was? Aber…“… Es bleibt jedoch festzuhalten, dass diejenigen, die sich in den Besitz einer geschenkten Blume hatten bringen lassen, mit derselben durchaus positive Gefühle verknüpften, Gefühle, so sagte sich Anna, die alle Mühe und alle Lobbyarbeit rechtfertigen würden!

            Kleiner Rückblick gefällig? Es ist nämlich ganz skurril, sich die Szene ‚Anna im Pflanzenladen’ anzuschauen. So spaßig, wissen Sie, sind historische Erzählungen erst nach dem Millennium geworden, in einer Phase, in der die singulär zu überreichende Mutternelke längst nicht mehr genug war und das bimmelnde Plastikherz sowie die grinsende Grußkarte mit integriertem Musikchip ihren Siegeszug antraten;

aber eigentlich waren wir ja bei… – ähm… Kommt also ’ne Anna zum Blumenhändler: „Ich hatte fünfhundert Nelken bestellt.“ Blumenhändler: „Ja, das ist der Haufen da. Sie haben nicht zufällig einen großen Müllsack oder sowas dabei, in dem Sie die alle abtransportieren können?“ Anna: „Das sind…?! Oh mein Gott, wenn jemals alle Kinder ihren Müttern gleichzeitig eine Nelke schenken, ist das Land ja kahlgepflückt!“ Blumenhändler: „Ach, warten Sie nur mal ab, was der Weltkrieg für Sie regeln wird – äh, wovon rede ich da…“; das heißt, so gnadenlos spaßig ist die Historie dann doch nur in Ausnahmefällen. Jedenfalls kann man sich nun vorstellen, dass Anna zu Beginn der Verteilaktion mit ihrer sperrigen Last auf dem Rücken noch ins Straucheln geraten und kräftig hin- und hergeschwankt war – „Darf ich Ihnen eine Nelke…?“ – „Sind Sie etwa betrunken? Sie haben doch wohl keinen Schnaps in dem Sack?“ –, wohingegen sie mittlerweile… Das gibt’s doch nicht: Während wir noch mit dem zwanzigsten Jahrhundert beschäftigt waren,

hatte es Miss Jarvis geschafft, all ihre Blumen an die Frau zu bringen, sogar die zuunterst gelagerten, die sich schon ganz matschig anfühlten und mit ihren hängenden Köpfen ein klein bisschen an die eben in Mode gekommenen Jugendstillampen erinnerten. Anna war glücklich. Nie hatte sie sich dem Erfolg ihrer Mission so nahe gefühlt wie jetzt. Sie wusste und schrieb: Ein offizieller Muttertag,…

… „[s]ehr geehrter Herr Abgeordneter [X],

ein offizieller Muttertag ist bereits von vielen engagierten Frauen, so zum Beispiel von meiner eigenen Mutter, mit Nachdruck, doch vergeblich…“ „… eingefordert worden. Bei der Abwägung des Für und Wider sollte allerdings nicht vergessen werden, werter Herr Direktor [Y], welch ungeheuren Auftrieb es der kindererziehenden Frau in einer bislang weitgehend gleichgültigen Gesellschaft…“, „…einer Gesellschaft, verehrter Herr Professor…“, „…einer Gesellschaft, deren Kinder…“, „…einer Gesellschaft, so möchte ich es zusammenfassen…“ – – – „Sie möchten fünfhundertsechsundsiebzig Briefe aufgeben?!……. Der Schalter ist geschlossen.“ – – – „… sehe ich es also, hochgeschätzter Herr Senator, als unsere ureigenste Pflicht an, der Person, die uns auf die Welt gebracht und großgezogen hat, den ihr geziemenden Respekt entgegenzubringen, denn schließlich dürfen wir nicht vergessen…“, dass damals alles per Schreibmaschine abzufassen war, und zwar einzeln; Namen austauschen und nochmals drucken ging nicht, weshalb es als besondere Unverschämtheit des Postlers gelten muss, dass er in mangelndem Respekt (siehe oben) vor Miss Jarvis’ Leistung… „Wir machen hier sowieso gleich zu. Wenden Sie sich an die Hauptgeschäftsstelle, die hat länger offen als wir. Oder… – Ach, warten Sie, Sie schleppen sich ja kaputt mit dem Postsack… Überlegen Sie sich mal, ob wirklich alle Briefe so wichtig sind, dass Sie sie abschicken wollen“;

            und trotzdem: Hätten doch alle Zustelldienste der Welt ihre Hilfe verweigert, dann wäre Anna vieles erspart geblieben. Aber genug der Anspielungen; die zwei Seiten, bis wir endgültig Bescheid wissen werden, können wir uns schon noch gedulden.

Was jetzt erst einmal folgt, ist eine dreibändige Auflistung aller Menschen, denen Anna ihre Idee präsentierte, eine Liste, die hier aus praktischen Gründen jedoch nur erwähnt statt publiziert ist – will sagen, man denke sie sich als theoretisch erstellbar sowie als einen Riesenquader aus Papier. Anna kam Fabrikbesitzern in die Quere, sprach in Frauenvereinen, besuchte Priester und durchwühlte die gesamte Politik der Ostküste. Das nicht unbeträchtliche Vermögen, welches ihre Mutter ihr hinterlassen hatte, floss in kaum weniger beträchtlichen Teilen einer klassisch-modernen, broadwaygeprüften Medienkampagne zu;

allerdings wollte es der Initiatorin nicht glücken – inzwischen saß sie übrigens kopfschüttelnd und leicht gealtert an ihrem übervollen Schreibtisch –, eine Antwort einzuholen, die nicht das Wörtchen „leider“ enthielt.

„Sehr geehrte Miss Jarvis,

Ihr bewunderungswürdiger Einsatz für…“ „…für eine Sache…“ „…eine Sache, die…“ „…zu meinem größten Bedauern“. „Hochachtungsvoll“.

Anna organisierte Demonstrationen, Aufmärsche, Protestkundgebungen – „Fünfhundertachtundneunzig Reden haben Sie gehalten?! Ach, dann müssen Sie Miss Jarvis sein! Mein Vetter hat mir von Ihnen erzählt; wissen Sie, der ist Blumenhändler und…“ –, doch das einzige wirklich Substantielle, was diese Aktivität ihr einbrachte, war ein Hühnerei aus damals noch garantiert ökologischer Produktion, dessen Dotter ihr plötzlich von der Stirn herablief, dorthin verfrachtet auf dem Luftweg von dem missratenen Sohn einer nicht anwesenden Mutter, dem es gefiel, den Ruf nach mehr Respekt auf seine Weise zu kommentieren.

Aber wozu die vielen Worte über Rückschläge und Niederlagen, wenn wir doch sowieso schon wissen, dass das Unternehmen Erfolg haben wird? Der Umschwung kam völlig überraschend gegen Ende einer langen weißen Winterperiode – er muss etwa in die Zeit gefallen sein, als Anna erstmals Kontakt zum großen Blumenfabrikanten John Wanamaker aufgenommen hatte – und äußerte sich zunächst in Form eines kaum zu überblickenden, zu allen Seiten über ihren Schreibtisch hinausquellenden Quantums an Verständnis, das sie so gelöst und heiter machte wie kein weiteres Mal in ihrem Leben:

„Sehr geehrte Miss Jarvis, liebe verehrte Anna,

mit großer Freude darf ich Ihnen berichten…“ „…mitteilen…“ „…eröffnen, dass unsere gemeinsamen Bemühungen zur Einrichtung eines Mütter-Ehrentags…“ „…Müttertags…“ „…Muttertags nun endlich Früchte zu tragen beginnen, was mir umso erfreulicher scheinen mag, als ich…“ „…ich…“ „…ich bei aller angebrachter Bescheidenheit bekennen darf, einer der Ersten, wenn nicht gar der Erste überhaupt gewesen zu sein, der die Bedeutung und Tragweite Ihres epochalen Vorschlags,…“ „…seinen Nutzen für das Allgemeinwohl…“ „…und nicht zuletzt für die kindererziehende Frau in vollem Umfang erkannt und seine Realisierung mit Rat und Tat befördert hat. Wir haben…“ – sofern wir nun einen gleitenden Übergang zu der feierlich-nelkenumrahmten Rede eines Graftoner Kaufhausbesitzers zum ersten national zelebrierten Feiertag à la Jarvis erreichen wollen –

„…nicht Kosten noch Mühen gescheut, Ihnen, liebe Kundinnen und Kunden, auf dieser Etage das Beste zusammenzutragen, was Sie Ihren Müttern zur wohlverdienten Auszeichnung für alles, was Sie an Liebe und Wärme erfahren haben, nur bieten können. In diesem Sinne; schnappen Sie sich ein Glas Sekt und – ich erkläre die Muttertags-Sonderabteilung für eröffnet!“

Jetzt ist die Richtung restlich klar, oder? Na schön, vielleicht auch nicht. Wir sollten uns keinesfalls die Szene entgehen lassen, in der die älter gewordene Anna, umhüllt von Chanelwolken und umgeben von echten und künstlichen, ess- oder auch zusammenfaltbaren, angemalten, parfumierten, glitzernden Blumen aller Art, einer Reihe architektonisch zweifelhafter Pralinenschachteltürme die Frage „Was hab’ ich getan?!“ entgegenwispert. Zur Untermalung eignen sich an dieser Stelle die Geräusche klingelnder Kassen und ein paar dicke Dollarzeichen, die quer durchs Bild schweben. Anschließend können wir dann beobachten, wie Miss Jarvis sich langsam umdrehte und zum Gehen wandte, wobei ihr das „Warten Sie, Anna!“ irgendeines Offiziellen oder Kommerziellen, welcher die berühmte Mutter des Muttertags gerne zwecks Lächeln und Grüßen dabehalten hätte, noch lange in den Ohren klang – Anna, Æn-nə, das vordere a ein wenig offener und freundlicher als das am Schluss, obgleich doch das Wort aufs Erste so rund, so logisch und symmetrisch zu sein vorgab; ja in diesem Maimoment des Jahres… neunzehn oder zwanzig vielleicht… erschauderte Miss Jarvis, ohne recht zu verstehen, wieso, vor ihrem eigenen Namen gleich einer ungeheuerlichen Drohung. – Doch sie wusste nicht nur, was sie getan hatte, sondern auch, was sie noch tun würde.

Wirft man einen wenig späteren Blick in ihr Schreibzimmer, so finden sich dort, abgesehen von ihr selbst, einige riesige Mappen und Ordner, deren Inhalte nach Annas Meinung dafür sorgen sollten, sie aus ihrem Tief herauszuziehen.

„Werte Miss Jarvis,

was Ihr Anliegen betrifft, sich den Muttertag urheberrechtlich schützen zu lassen…“ „Unsere Kanzlei ist gerne bereit, den Fall zu übernehmen, schließlich steht dabei nichts weniger als das Wohl der kindererziehenden Frau, ja geradezu das der Allgemeinheit auf dem Spiel…“ „…weshalb wir uns gezwungen sehen, einen Vorschuss in Höhe von…“ „Wir bitten um Verständnis.“

Allerdings stellte sich nur zu bald heraus, dass nicht einmal der dickste Ordner in der Lage war, Menschen wie… ach, nehmen wir doch, also nur als Beispiel, den großen Blumenfabrikanten Wanamaker, von ihren Idealen abzubringen.

Anna organisierte Demonstrationen, Aufmärsche, Protestkundgebungen – „Was denn, das ist schon Ihre fünfte Rede gegen den Muttertag? Respekt! Äh, Moment mal; Sie kommen mir so prominent vor! Wie ist denn Ihr Name, wenn ich fragen darf?“ – „Jarvis. Anna Jarvis.“ – „Hää?!“ –; in ihren Träumen warf sie mit zunehmender Wucht Eier gegen Werkstore und Warenhausfassaden,

„…aber leider müssen wir Sie davon in Kenntnis setzen, dass unsere Bemühungen um ein gerichtliches Verbot des Muttertags eine wenig erfolgversprechende Wendung genommen haben…“ „…zu unserem größten Bedauern…“ „…leider“. „Was Ihre Klage gegen die Großgärtnerei…“ „…die Firma…“ „…Firma…“ „…Firma…“ „…Parfümmanufaktur Miller…“ „…Clark…“ „…Sherman anbelangt, so sind wir nach wie vor optimistisch, nicht zuletzt auch mit Hilfe Ihrer groß angelegten

Medienkampagne…“ fraß Annas letzte Ersparnisse auf, so dass kurz darauf schon das Vermögen ihrer Schwester dran glauben musste,

während sie die gesamte Politik der Ostküste durchwühlte, Priester besuchte, in Frauenvereinen sprach und Fabrikbesitzern in die Quere kam. Was jetzt folgt, ist ein Katalog von demonstrantischen Buhrufen seitens unserer Protagonistin, der jedoch nicht explizit abgedruckt werden muss – es reicht völlig, wenn wir ihn an dieser Stelle individuell-persönlich dazwischenfantasieren. Miss Jarvis hätte es nie für möglich gehalten, jemals so häufig das Wort „Buh“ zu benutzen.

Siebenhundertsechsundfünfzig Briefe möchten Sie aufgeben?! … – …Wir haben Betriebsferien.“ „Das heißt also, ich muss mich an die Hauptgeschäftsstelle wenden?“ „Das hier ist neuerdings die Hauptgeschäftsstelle. Aber es gibt noch eine Filiale im Osten; nehmen Sie den Zwölfer-Bus, vierzehn Stationen. – Ach, warten Sie; wenn Sie da schon hingehen, könnten Sie dort vielleicht diesen Postsack für mich abgeben? Danke.“ Am Montag darauf schrieb sie schon wieder, und dann nochmals, und abermals; sie wandte sich an Würdenträger selbst der entferntesten Staaten;

„Sehr geehrter Herr Senator [X],

der unlängst eingeführte offizielle Muttertag hat die Stellung der kindererziehenden Frau in dieser Gesellschaft nach meiner bescheidenen Einschätzung weit eher verschlechtert als verbessert. Für tausende ignorante Söhne und Töchter ist die Möglichkeit geschaffen worden, sich von ihren Familienverpflichtungen freizukaufen und dreihundertvierundsechzig Tage im Jahr unter Berufung auf jenen dreihundertfünfundsechzigsten…“ – aber was befassen wir uns noch immer mit so kleinen Zahlen, wenn doch inzwischen allein schon Annas Wohnung von viel gewaltigeren zu berichten weiß:

            Öffnet man die Tür zu ihrem Arbeitszimmer, so wird man unversehens von einem skurril umstürzenden Aktenstapel heimgesucht, dem Wächter über nicht enden wollende Kolonnen von Gerichtsprotokollen, Gutachten, Gegengutachten, Korrespondenzen, Flugblättern und Rechnungen, unter und hinter denen der bekannte Schreibtisch kaum mehr auszumachen ist. Gerät man darüber in Sorge und beginnt, Miss Jarvis zu suchen – wer weiß, vielleicht ist sie ja ebenfalls unter den Zettelbergen verschollen –, so wird man im Wohn- und Esszimmer nur auf weiteres Papiermaterial stoßen, bis man schließlich dessen Besitzerin schreibend in der einzigen noch freien Ecke der Küche auftreiben wird – das glauben Sie nicht, „verehrter Herr Professor“, das will Ihnen übertrieben scheinen, „werter Herr Direktor“? Aber „Herr Abgeordneter“, die Geschichte will es so, also war es so.

            Ähnlich hätte es vielleicht auch der Blumenhändler gesehen, bei welchem Anna tags darauf vorsprach, um ihm – es ging wieder auf den Mai zu – begreiflich zu machen, dass der Handel mit Nelken ein Verstoß gegen die Gesetze der Menschlichkeit sei – „und dann auch noch immer mehr Nelken, immer mehr, das kann doch nicht…“. „Aber Miss Jarvis, jetzt nach dem Krieg müssen die Kinder, die übrig sind, beim Blumenkauf eben größere Lasten schultern, sonst würde der Muttertag ja keinen Sinn mehr machen. Ein Glück, dass…“ – kleine Vorschau gefällig? – „…dass Kriege jetzt für alle Zeiten ausgeschlossen sind; bei Sträußen mit mehr Blumen als sieben oder vielleicht noch zehn müsste die handelsübliche Mutter ja in Ohnmacht fallen!“ – aber wen kümmern noch solch alte Prognosen in einer Zeit, da die grinsende Grußkarte mit integriertem Musikchip schon drauf und dran ist, von der jodelnden Gutschein-SMS mit integrierten Rechtschreibfehlern abgelöst zu werden?

            Anna stand vor der Kirche von Grafton, West Virginia, und erspähte einen Blumenstand, den ein findiger Unternehmer hier hatte aufstellen lassen. Was die Perspektive der Nelken betrifft, von denen viele schlaff herabhingen und ein wenig an hoffnungslos veraltete Jugendstillampen erinnerten: „Wasser! Was-ser!“ Wenn sie gewusst hätten, worum es ging, und plötzlich Arme und Beine geschenkt bekommen hätten, außerdem Waffen und ein ausreichendes Pensum an Primitivität, dann hätten sie einen grausamen Rachefeldzug gestartet.

            Ähnliches hatte nun auch Miss Jarvis vor, die über den Anblick des Verkaufsstands derart in Wut geraten war, dass… „Geben Sie mir die Nelken!“ Gut, dass sie noch immer gewohnheitsmäßig einen Müllsack mit sich herumtrug. „Geben Sie mir die Nelken! Her damit!“ – „Huch! Sie sind ja betrunken!“ – „Nelken her!“ – „Sind Sie vielleicht von einer Sekte oder sowas?“ – „Nelken her!

            Die Polizei reagierte schnell und zupackend. Man behandelte Anna wie eine Verbrecherin. Ja, so hallte es durch ihren Kopf, sie hatte es verdient.

           

“You are from the back

as you are from the front: ‘a-n-n-a’.”

(Kurt Schwitters, To Anna Flower)

 

Never Ever Let Flowers Speak!!

Grafton, West Virginia: 

Anna [‚ænə] Jarvis found herself committing a crime in the middle of the year nineteen hundred and eight. That, at least, was how she would see it later. At that moment, however, she was only able to see mothers and carnations, which is completely logical since she would soon have a revolutionary impact on the world as the initiator of Mother’s Day. People will never experience a nineteen hundred and eight again, it is never to return – that was the thought that echoed through her mind – and every May in which she fails to start the ball rolling is a lost May.

            “May I give you a carnation?” – “What for?” – “Because you are a mother!” – “Er…, all right, that’s very kind of you.”

            Incidentally, seen from the flowers’ perspective, the situation meant more or less the following: “Water! Wa-ter!” But that is just by the by. If they could have seen what it was all for, they would have forgiven Anna. In this instant of civilizational development, however, not even the people were aware of what was dawning upon them. Miss Jarvis knew she had to enlighten them individually as they poured from Sunday service, without missing even one of the possible carnation recipients. “Please wait, don’t leave quite yet…” – “Leave me alone. I want nothing to do with sectarians!” – “What? But…” Thus it remains to be said that all those who welcomed the idea of becoming a carnation owner went about their day with a warm and satisfying feeling in the form of a flower – feelings, so Anna said to herself, which would make all future efforts and lobbying worth it!

            Fancy a little flashback? It might be interesting, bizarre even, to have a little look at the scene ‘Anna in the flower shop’. You know, historic narrations only became this amusing after the millennium, in a period of time in which a singular symbolic carnation of motherhood was no longer considered satisfactory and the jingeling plastic hearts and the noisy greeting cards with integrated music chip triumphed;

            but actually we were still dealing with… – er… Once upon a time, an Anna approached a florist: “I ordered five hundred carnations.” Florist: “Yes, that’s your pile over there. You wouldn’t happen to have an enormous rubbish bag or something to carry them in?” Anna: “These are…?! Oh my goodness, if all the children gave a carnation to their mothers at the same time, the country would be picked bear!” Florist: “Oh, don’t worry about that. Just wait and see what effect the World War will have on your cause – er, what am I talking about…” But history will only be that relentlessly amusing in exceptional cases. At any rate, it is now easy to imagine that Anna has lost her balance and has stumbled due to the enormous load on her back as she begins her journey of distribution – “May I give you a carnation?” – “Have you been drinking? You don’t have any booze in your sack, do you?” – whereas in the meantime… It’s really unbelievable: while we were still busy with the twentieth century,

            Miss Jarvis single-handedly managed to spread joy and confusion by handing out all her flowers, even those hiding at the bottom of the sack, which already felt mushy, and whose hanging heads were faintly reminiscent of the Art Nouveau style lamps that had recently come into vogue. Anna was extremely pleased with herself. She had never felt so close to success as her mission got underway. She knew and wrote: an official Mother’s Day…

            … “[d]ear Congressman [X],

an official Mother’s Day has been demanded by many committed women, including my own mother, yet…” “… in vain. Taking into full consideration the advantages and disadvantages, however, it should not be forgotten, dear Director [Y], what an extraordinary boost it would give to child-raising women in a society in which they feel invisible…”, “…a society, dear Professor…”, “…a society whose children…”, “…a society, so I would like to summarise…” – – – “You want to mail five hundred and seventy-six letters?! ……. The counter is closed.” – – – “…and so, dear Senator, I regard it as our fundamental duty to show the due respect to the person who has given birth to and raised us, since we should not forget…” that in those days everything had to be written on a typewriter; letter after letter; simply changing names and clicking on print was not possible, which is why the postal worker’s lack of respect (mentioned above) for Miss Jarvis’s efforts must be regarded as a particular insolence. “We are closing soon. Please go to the main service office, they are open longer. Or… – Oh wait, you’ll only wear yourself out with that heavy mailbag. Why don’t you reconsider whether it is really necessary to send all those letters?”;

            nevertheless: if only every delivery service in the world had refused to help; it would have saved Anna much trouble. But no more allusions. Your patience will pay dividends: all will become clearer over the next two pages.

            The first thing that now follows is a three-volume list of the individuals to whom Anna proposed her idea, a list that is evidently not published here, only mentioned, for obvious reasons – that is to say, you can imagine it to be possible to produce it in theory, and as a giant stack of paper. Anna got in the way of factory owners, spoke at women’s associations, visited priests and worked her way through the entire political class of the East Coast. The not inconsiderable assets her mother had left her went – in an only marginally less considerable measure – towards a classically modern, Broadway-vetted media campaign;

            but even so the initiator – meanwhile, slightly older, she was sitting at her overloaded desk shaking her head – was unable to elicit an answer that did not contain the word “regretfully”.

            “Dear Miss Jarvis,

your admirable dedication to…” “… for a matter…” “…a matter which…” “…to my great regret.”

“Respectfully yours.”

            Anna organised demonstrations, parades, protest rallies – “You’ve held five hundred and ninety-eight speeches?! Oh, then you must be Miss Jarvis! I’ve heard so much about you from my cousin; you know, he’s a florist and…” – but the only substantial result these activities brought her was an egg, which at that time would have surely been organically produced, the yolk of which suddenly dropped from her forehead, to which it had been transported by air mail thanks to a non-attendant mother’s unruly son who wished to comment on the claim for more respect in his own way.

            However, why devote all these words about setbacks and defeats when we all know that the project will ultimately be successful? The turnaround came very unexpectedly towards the end of a long white winter – it must have fallen, more or less, in that time when Anna first came into contact with the great flower producer John Wanamaker – and initially manifested itself in a complex and sprawling quantum of understanding that bloomed over the edges of her desk on every side, infusing her with a sense of relaxation and happiness, the intensity of which she would never experience again in her life:

            “Dear Miss Jarvis,

my dear distinguished Anna, I am delighted to have the pleasure of sharing with you…” “…informing you…” “…imparting to you…” “…that our common efforts to establish an official day for the recognition of mothers…” “…mothers’ appreciation day…” “Mother’s Day will now finally begin to bear fruit, which is all the more delightful for me as I…” “…I…” “…I may acknowledge in appropriate modesty that I have been one of the first, if not the first ever, who understood the full extent of the meaning and scope of your epoch-making proposal…” “…its role for the greater good…” “…and, last but not least, for the child-raising women who are the unappreciated backbone of this great country. We have…” – if we want to achieve a smooth transition to the solemn, carnation-bordered speech of a Grafton department store owner about the first national holiday with regard to Miss Jarvis – “…spared no effort or expense to bring you under one roof the finest gifts that money can buy for your mothers as a token of appreciation for the love and devotion they gave to you. With this in mind, grab yourself a glass of champagne and – I declare our dedicated Mother’s Day sale open!”

            Now, the direction things are going is clear, isn’t it? Okay, perhaps not. We must not miss out on the scene in which an older Anna, shrouded by a Chanel cloud and surrounded by authentic and artificial, edible and collapsible, painted, perfumed, glittering flowers of all kinds, whispers the question “What have I done?!” in the direction of a row of architectonically dubious chocolate box towers. The noises of ringing cash registers and some big dollar symbols drifting across the screen would be a suitable accompaniment. We can subsequently observe how Anna slowly turns around to leave when the call “Anna, wait!” from an official or businessman, who hopes to hold on to her for the purpose of smiling and greeting, remains in her ears for a long time – Anna, Æn-nə, the first A a little more open and friendly than the one at the end, even though the word pretended to be so round, so logical and symmetric at first; yes, in this moment in May … nineteen or twenty perhaps … Miss Jarvis, without really understanding why, shrunk back from her own name as from a monstrous threat. And yet she did know what she had done, and she knew too what she would do.

            If, some time later in the future, one were to take a look into her writing room, one would see, apart from Anna herself, some giant folders and portfolios, the contents of which Anna claimed would pull her out of her depression.

            “Dear Miss Jarvis,

with regard to your request to obtain legal ownership of Mother’s Day…” “Our law office would be interested in taking over the case since it concerns the welfare of child-raising women, indeed of the general public…” “…which is why we are compelled to request an advance in the amount of…” “We thank you for your understanding.”

            However, it rather quickly became apparent that not even the thickest file or folder was able to discourage people like… hmm, let’s say, just as an example, the great flower producer Wanamaker, from pursuing their ideals.

            Anna organised demonstrations, parades, protest rallies – “Oh, this is your fifth speech against Mother’s Day already? Respect! Er, just a moment, you seem so familiar. What’s your name, if I may ask?” – “Jarvis. Anna Jarvis.” – “Huh?!” –; in her dreams she throws eggs against factory gates and warehouse facades with ever-increasing force,

            “…but we must regretfully inform you that our endeavours to legally abolish Mother’s Day have taken a less promising turn…” “…to our great regret…” “…regretfully”. “With regard to your complaint against the garden centre…” “…the company Clark…” “…factory…” “…producer…” “…the perfume manufacturer Miller…” “…Sherman, we remain optimistic that, with the help of your generous

            media campaign…” – and that was the bottom of Anna’s war chest so her sister’s wealth therefore came into play,

            while she worked her way through the entire political class of the East Coast, visited priests, spoke at women’s associations and got in the way of factory owners. The next thing that follows is a three-volume list of demonstrational boos on the part of our protagonist, which, needless to say, needn’t be explicitly printed here – it is more than enough to let your imagination create it. Miss Jarvis would never have thought it possible to use the word “boo” so often.

            “You want to mail seven hundred and sixty-five letters?! … – … The company is closed for the annual holiday.” “So that means I have to go to the main service office?” “This is the main office now. But there is still a branch in the east of the town; take bus number twelve, fourteen stops. – Oh, wait; if you do go there, could you please hand in this mailbag for me? Thank you.” On the following Monday she found herself writing yet again, and then once more, and then again; she wrote to dignitaries from even the most distant states;

“Dear Senator [X],

in my humble opinion the recently established Mother’s Day has deteriorated rather than improved the welfare of child-raising women in our society. For thousands of ignorant sons and daughters, it has created the possibility of buying themselves free of family commitments and, for three hundred and sixty-four days of the year, referring to this three hundred and sixty-fifth, …” – but why are we still bothering ourselves with regard to such low figures while Anna’s apartment meanwhile could report much greater ones: if you open the door to her study, you will be challenged by a bizarrely large, tumbling pile of documents, the guardian of never-ending columns of court records, reports, counter-reports, correspondence, leaflets and bills, under and behind which the well-known desk is now barely visible. Should you become worried about that and begin to search for Miss Jarvis – who knows, perhaps she is lost under the paper mountains as well, you will come across more stacks in the living and dining room, before you finally come across their owner writing in the only free corner of the kitchen – you don’t believe that, “dear Professor”, you find it exaggerated, “dear Director”? But “dear Congressman”, the story wants it, so it’s true.

            Perhaps this point would have been recognised in a similar way by the florist, on whom Anna called the next day to make him understand – May was approaching again – that the trade in flowers was an infringement of the laws of humanity – “and, on top, it’s more and more carnations, always more and more; that can’t be …” “But Miss Jarvis, now after the war it’s quite clear that the remaining children have to shoulder greater burdens, otherwise Mother’s Day wouldn’t make sense any more. What a stroke of luck that…” – fancy a little preview? – “…that there can be no more wars now for all time; if a standard mother received a bouquet with more than seven or perhaps ten flowers she would surely faint!” – but who cares now about the predictions of yesteryear in an age when the noisy greeting cards with integrated music chips are already about to make way for yodelling gift certificate SMS with integrated spelling errors?

            Anna stood in front of the church of Grafton, West Virginia, and spotted a flower stall that had been placed there under the orders of a clever businessman. As for the perspective of the carnations, many of which had drooping heads and were faintly reminiscent of hopelessly outdated Art Nouveau-style lamps: “Water! Wa-ter!” If they could have seen what it was all for, and had suddenly been given arms and legs, and weapons and a sufficient amount of primitivity, they would have started on a cruel vendetta.

            Something similar was now also being planned by Miss Jarvis, who got into such a rage at the sight of the stall that… “Give me the carnations!” Lucky that she still clung to her habit of always carrying a rubbish bag with her. “Carnations! Now!” – “Yikes! You’re drunk!” – “Carnations!” – “Are you a sectarian or something?” – “Now!”

            The police responded quickly and forcefully. They treated Anna like a criminal. Yes, so it echoed through her mind, that was what she deserved.

Zeit und ihre Rückseite

Sie hatten sich gegen Vorhänge entschieden, also verursachte jedes lautere Geräusch in den großen Räumen einen Nachhall, der sich kaum wahrnehmbar, doch mit Beständigkeit in ihr Leben wob. Jesko fand das ganz in Ordnung. Pfeifend machte er die Betten und pfeifend ging er den noch ungewohnten Weg hinunter ins Erdgeschoss, wo er nach Durchquerung des tanzsaalartigen Wohnzimmers die Terrassentür öffnete und ins Freie trat. Es war ein kühler Samstagmorgen im Sommer. Stefanie war mit den Kindern in die Stadt gefahren, um Besorgungen zu machen.

Jesko griff zur Gießkanne und begann der Reihe nach die Pfirsich- und Olivenbäumchen im Topf zu wässern, die sie aus ihrer früheren Wohnung mitgebracht hatten – momentan fast die einzige Form von Grün, die im ganzen Garten zu finden war, denn die Vorbesitzer hatten nicht nur das Haus heruntergewirtschaftet, sondern offenbar auch die Außenanlage sträflich vernachlässigt, so dass ihre Tochter und Erbin, eine müde wirkende Frau im mittleren Alter, auf eine Radikalkur verfallen war: Sie hatte, bevor sie Kaufinteressenten einließ, die Vegetation bis auf die Stümpfe abholzen lassen. Während nun innen schon alles renoviert und wohnlich eingerichtet war, gab das neue Familienheim von außen nach wie vor den Anschein einer majestätisch verfallenen Antiquität, die aus einer Mondlandschaft ragte.

„Hallo, Herr Donnersberg!…“ Die Nachbarin lehnte sich rufenderweise über den noch nicht vorhandenen Zaun. „…Na, schon eingelebt?“ „– Oh, guten Morgen…“ Er hatte es bislang nicht geschafft, sich ihren Namen einzuprägen. „…Ja, danke. Wir haben uns vom ersten Moment an zu Hause gefühlt.“ „Sehr schön. So soll es ja sein.“ Die Nachbarin trat einen Schritt vor und versank prompt mit dem Absatz im Matsch. Unangenehm berührt balancierte Jesko über ein paar Grasreste und verstreute Bretter, um seinerseits die Distanz zu verringern, und sagte entschuldigend: „Tja, Sie sehen, es dauert noch eine Weile, bis wir hier fertig sind. Ich fürchte, wir müssen noch ziemlich viel Krach und Schmutz machen.“ „Kein Problem…“, erklärte die Nachbarin mit einem Lächeln und rieb auf dem Rasen ihres Grundstücks den Schuh sauber. „…Man ist ja von da drüben einiges gewohnt.“ „Was… was heißt das genau?“, wollte Jesko wissen. „Na ja“, kam es zurück, „Krach gab es eigentlich immer. Was glauben Sie; ganze Sommer lang sind Ihre Vorgänger da auf der Terrasse gesessen und haben gestritten. Wahrscheinlich haben die gedacht, man ist taub. Oder es war ihnen einfach egal, ob man sie hört.“ „Oh.“ Jesko versuchte sich auszumalen, wie seine neu erworbene Oase sich über und über mit Schimpfworten und Vorwürfen füllte. Er konnte es nicht. Das Einzige, was er hörte, waren die klagenden Rufe einer Taube, die irgendwo in einer nahen Tannengruppe zu sitzen schien.

Doch die Nachbarin war noch lange nicht fertig. In lebhaften Worten erzählte sie von den Ausfälligkeiten der früheren Bewohner, von knallenden Türen, zu Bruch gehendem Geschirr und ewigen Lamento-Litaneien. Ja sie erzählte derart plastisch, dass Jesko am Abend hätte meinen können, hinter der Tonkulisse des laufenden Fernsehers ab und zu die alte Hausherrin zu hören, wie sie ihren Mann bezichtigte, Totengräber ihrer Hoffnungen zu sein. Zu dieser fortgeschrittenen Zeit war Jesko allerdings schon müde genug, um sich nicht weiter daran zu stören. Er lehnte sich an Stefanie, dachte an die ausstehenden Arbeiten und griff nach dem Umschalter, um die Lautstärke zu erhöhen.

Einen Monat später. Eben trugen die Maler letzte Überbleibsel des Gerüstes davon, mit dessen Hilfe sie das Haus in ein strahlendes Weiß gehüllt hatten. Eilig luden sie alles in ihren Kleinbus, bedachten Jesko mit einem „Schönen Tag noch“ und fuhren davon. Kaum waren sie nicht mehr in der Einfahrt zu sehen, als Stefanie aus der Haustür trat, dicht gefolgt von Nora und Jule, die beide voller Staunen über die Veränderung ihres Heims waren. Nachdem die Familie das Wunder ausgiebig gewürdigt hatte, verschaffte sich Stefanie die allgemeine Aufmerksamkeit: „Passt mal auf. Den hier“ – sie öffnete die Hand, in der ein Schlüssel lag – „verstecken wir jetzt hinter der Garage. Nicht vergessen! Wenn wir mal draußen sind und die Tür fällt zu, kommen wir problemlos wieder rein.“ Und schon stolzierte sie über die ramponierte Wiese der bezeichneten Stelle entgegen, wo zwischen Garage und der Mauer eines angrenzenden Gartens eine zwei Zentimeter breite Lücke klaffte. „Willst du nicht lieber warten, bis die Gärtner fertig sind?…“, meinte Jesko. „…Am Ende findet den noch einer!“ „Ach was…“ Stefanie winkte ab. „…Da schaut bestimmt keiner rein.“ Sie fuhr mit den Fingern in die Ritze, wie um zu testen, ob sich auch keine ungeahnten Abgründe darin auftäten. Dann stockte sie mitten in der Bewegung – und zog mit verdutzter Miene einen rostigen Schlüssel hervor.

Doch ehe sie noch den Vorfall kommentieren konnten, nahmen hinter der Mauer die Nachbarn Aufstellung, andere Nachbarn diesmal, die sie noch nicht sehr oft gesehen hatten. Es war ein älteres Ehepaar, die glänzenden Augen auf das frisch renovierte Haus gerichtet. „Wie gemalt…“, stellte der Mann fest. „…Es sieht aus – wie gemalt. Endlich wird alles wieder so wie früher.“ Und die Frau ergänzte: „Es war aber auch wirklich kein Anblick mehr, so verwohnt und mit dem ganzen Gestrüpp rundrum.“ „J-ja“, sagte Jesko bedachtsam, „über das Gemüt der Vorbesitzer habe ich schon einiges gehört.“ „Ach so?“, fragte Stefanie. „Welches Gemüt?“, fragte die kleine Jule. Aber der Nachbar zuckte nur die Schultern: „Stimmt schon, zum Schluss waren sie … – … wohl etwas merkwürdig. Haben den Briefkasten zugeklebt und auf Schrödingers Katze geschossen. Allerdings, wissen Sie,… ich rede nicht gern so von Leuten, die es selber so schlimm erwischt hat. Da oben…“ – er zeigte auf das Elternschlafzimmer – „…da hatten sie ihr Schlafzimmer, und manchmal war das Fenster gekippt; dann hat man die Frau ächzen hören.“

Jesko öffnete den Mund zu einer angemessenen Antwort, schloss ihn jedoch gleich wieder. „Was… was heißt das genau?“, erkundigte sich Stefanie an seiner Stelle. „Ach, das wissen Sie gar nicht?…“ Ihr Gesprächspartner schien überrascht. „…Sie hatte doch immer so Probleme mit ihrem Bein; Rheuma oder Blutstauungen oder was weiß ich. Jahrelang hat die sich beklagt, dass sie fünf Minuten für die Treppe braucht. Wollte aber anscheinend auch keinen Lift haben. Und nachts müssen dann immer die Höllenqualen gekommen sein.“ „Ich weiß nicht, ob ich –…“, setzte Jesko an, doch bevor er „…noch mehr wissen will“ sagen konnte, unterbrach ihn der Nachbar und fuhr mit einem Finale furioso auf: „Am Schluss ist ihr das Bein ja noch abgenommen worden, drüben in der Klinik. Überlebt hat sie trotzdem nicht. Und ihr Mann kam in ein Seniorenstift und keiner hat ihm sagen dürfen, dass das Haus verkauft wird.“HBHHHHHH

Am Abend fand Jesko die großen Zimmer deutlich geschrumpft. Nur mit halbem Ohr bekam er mit, wovon die Nachrichtensprecherin plapperte. Er hatte den Nachbarsleuten noch mit einiger Anstrengung erzählt, dass bald die Terrasse gerichtet und der Weg zur Eingangstür neu geplättelt würde. Worauf sie ein weiteres Mal betont hatten, wie sehr sie sich freuten, dass alles wieder schön würde, so schön wie früher. Dann war die ganze Familie ins Haus zurückgekehrt. Stefanie ließ ihn nicht an ihre Schulter heran. Sie war verstimmt, weil er ihr nicht gesagt hatte, was er über die Vorbesitzer wusste. Dabei hatte er so gut wie gar nichts gewusst! Und wenn er es gesagt hätte, elender Mist, dann hätte er nichts, aber auch gar nichts damit geändert…

Er griff nach der Fernbedienung, stellte den Ton lauter und ließ die Wettervorhersage ungehört an sich vorbeirauschen.

Drei Jahre später. Jesko hatte viel in der Firma zu tun. Sein Beruf beanspruchte ihn in diesen Tagen stärker als gewohnt. Jetzt aber war Wochenende und er konnte daheim arbeiten. Mit einem Stapel alter Bilanzen, die er für eine Vergleichsstudie brauchte, verließ er den Dachboden und horchte automatisch dem Klang seiner Schritte nach, wie sie die Stufen hinunterpolterten. Im ersten Stock hielt er inne. Das tat er in letzter Zeit häufiger. Wo immer in den Gängen und Räumen er gerade war, legte er kleine Pausen ein, um die Stille auf sich wirken zu lassen. Von draußen drangen ferne Hammerschläge und Taubenrufe herein, doch so gedämpft, dass das lauernde Schweigen im Innern nur umso präsenter wirkte. Wie oft war die alte Hausherrin wohl genau an dieser Stelle gestanden? Was hätte sie von ihm gedacht? Jesko verlor sich in einem kaum wahrnehmbaren Knistern, das höchstvermutlich von einem der Schränke ausging. Er spannte sich an, spitzte die Ohren bis zum Äußersten und –…

„Papa?“ Erschrocken fuhr er zusammen. Er hatte geglaubt, allein zu sein. Nora stand in der Tür ihres Zimmers und strahlte ihn an. „Papa, kommst du mal? Ich habe was gefunden!“

Sie lotste ihn zum Computer, wo sie bei Google Earth nach ihrem Zuhause gefahndet und es nach seiner Dingfestmachung ganz nah herangezoomt hatte. „Siehst du das Auto?…“, jubelte sie. „…Und die Markise?“

Vom ersten Moment an hatte Jesko ein flaues Gefühl. Er fand es unglaublich, in welchem Detailreichtum jeder Bewohner des Planeten sehen konnte, wie die Donnersbergs wohnten. Doch das war noch nicht alles. Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl seiner Tochter, um mit den Augen unmittelbar vor den Bildschirm zu gelangen. Tatsächlich, da stand die rote Familienkutsche vor der Garage, und da war auch die neue gelbe Markise, die an sonnigen Tagen die Terrasse überspannte.

Es dauerte eine Weile, bis er begriff, was ihn beunruhigte. Schließlich aber erkannte er, dass die Gartenanlage, die bei oberflächlichem Hinschauen so vertraut wirkte, ziemlich aus der Form gegangen schien. Nein, das war nicht der Garten, den er kannte. Die Pflanzen befanden sich zwar großteils an der richtigen Stelle und sahen von oben auch irgendwie richtig aus, doch ohne Zweifel hatten viele von ihnen beachtliche Dimensionen, jedenfalls im Vergleich zu den jungen Gewächsen, die in den letzten Jahren auf dem Grundstück ihren Platz gefunden hatten. Es war wie ein Blick in eine Parallelwelt. Jesko schüttelte den Kopf. Wie hatte ihm das nur entgehen können? Sicher, etwas unscharf war das Bild schon, aber je länger er es betrachtete, desto stärker schienen die Hecken zu wuchern, die Bäume in die Höhe zu schießen. Das gelbe Sonnensegel – das ihm nun leicht verblichen vorkam – schien kaum nötig, so dicht stand da schattenwerfendes Gestrüpp. Und trotzdem…

„Papa? Was ist los?“ „Wenn du mich fragst“, sagte er langsam und ohne die Augen vom Computer zu lösen, „ist das eine Aufnahme aus der Zeit, als wir noch nicht hier gewohnt haben.“ „Was? Aber das kann nicht sein! Schau doch, das Beet neben der Tür und der Rhododendron, und sind da nicht sogar die Pfirsichbäumchen?“ „Ich weiß. Ich weiß……….“

Als Jesko das nächste Mal die Nachbarin traf, die ihm von den ewigen Streitereien der Vorbesitzer erzählt hatte (inzwischen wusste er genau, dass sie Tengler hieß), fragte er, ob es zufällig sein könne, dass das Haus und vor allem der Garten früher schon so ähnlich ausgesehen hätten wie jetzt. „– Stimmt…“, meinte Frau Tengler nachdenklich. „…Jetzt, wo Sie es sagen… Es ist eben schon eine ganze Weile her; zuletzt war der Garten ja total verwildert.“ „Und es gab eine gelbe Markise an der Terrasse, oder?“ Die Nachbarin überlegte: „Kann sein. Man vergisst so leicht… Wissen Sie es denn nicht mehr? Ich meine: Die muss doch noch da gewesen sein, als Sie eingezogen sind.“ „Nein. Da war nur ein rostiges Gestänge.“ „Ach so. – Na schön, aber wenn es Sie interessiert…, kann ich es vielleicht rausfinden.“

Jesko erfuhr, dass die Vorbesitzer manchmal selbstgestaltete Weihnachtskarten im Viertel verteilt hatten, damals, als sie noch bessere Zeiten kannten. Und wenn sie sich richtig erinnere, sagte Frau Tengler, sei darunter auch ein Familienfoto gewesen, ein sommerliches Porträt im Garten, und daneben stand… na ja, eben ‚Frohe Weihnachten’ oder sowas. Sie nickte wissend: „Warten Sie einen Moment.“ Dann entfernte sie sich zügig, um das Beweisstück zu holen. Jesko wartete. Doch sie kam nicht wieder. Erst nach geschlagenen zehn Minuten – aus Langeweile hatte er schon angefangen, Unkraut zu jäten – zeigte sie sich mit leeren Händen auf der Wiese: „Ich verstehe das nicht. Normal hebe ich alle Karten auf, aber die eine habe ich nicht gefunden.“ „Macht nichts. Vielen Dank.“ Jesko und die Nachbarin setzten ihr Gespräch noch ein wenig fort, wobei sie es nicht versäumte, ihm diverse weitere Grässlichkeiten über die Vorbesitzer aufzutischen, besonders aus der Zeit, nachdem der Mann seine Arbeit verloren hatte und täglich eine Flasche Rotwein kippte. Es dämmerte bereits, während Jesko das entwurzelte Unkraut in der Hecke entsorgte und auf den gähnenden Schlund seines Hauses zuschritt. Er biss sich auf die Lippen. Zum ersten Mal musste er sich eingestehen, dass ihn die alten Geschichten nicht mehr losließen.

Vier Jahre später. Der Verlust seiner Arbeit hatte ihn hart getroffen. An schlechten Tagen konnte es passieren, dass er am Morgen irgendeinen verdrießlichen Gedanken hatte und ihn bis zum Abend nicht mehr loswurde. Wenigstens konnten sie das Haus behalten, allerdings nur, weil es schon vollständig abgezahlt war und Stefanie im Büro ein paar Stunden aufgestockt hatte. – Ach, Stefanie… Sie war immer schweigsamer geworden, bis sich auf einmal der Schalter umgelegt hatte und sie begann, den Mund aufzumachen. Das Klima in der Familie schien ihm Sommer für Sommer rauer zu werden. Er war überzeugt, dass man seine Frau in der halben Nachbarschaft hörte, wenn sie auf der Terrasse die schulischen Leistungen der Kinder bemängelte und ihm die Verantwortung zuschob. Doch sie sagte immer nur, die Nachbarn hätten doch keine Elefantenohren. Und wenn er schließlich zurückblaffte, kam es ihm fast belanglos vor, ob man ihn hörte oder nicht. Frau Tengler war ausgezogen, bevor es richtig losging – wahrscheinlich das Beste, was sie tun konnte. Gelegentlich dachte er daran, das Steuer durch eine überraschende Aktion seinerseits noch radikal herumzureißen. Er musste etwas anders machen. Eine Floristenausbildung beginnen. Als Ranger in einem Nationalpark arbeiten und nur am Wochenende heimkommen. Hauptsache, es war anders. Eines Morgens entschied er sich in einer solchen Stimmung, hundertmal um die eigene Achse zu rotieren und zu hoffen, dass die Vorbesitzer das nie getan hatten.

Die Wände des Hauses rückten mehr und mehr zusammen. Dennoch fühlte er sich nach seinen regelmäßigen Spaziergängen von einem Raum zum anderen oft genug, als käme er gerade von einem Gewaltmarsch zurück. Was war hier wohl so alles geschehen, was im Bad, was in der Küche und was in den Schlafzimmern? Stefanie war an solchen Fragen offenbar nicht mehr interessiert. Sie fand, sie habe genug eigene Probleme. Was Jesko gut nachvollziehen konnte – eigentlich. Er wanderte vom Keller bis hinauf unters Dach und wieder zurück. Er lauschte in die Stille und ärgerte sich, wenn die Kinder plötzlich ein Gespräch anfingen. Doch obwohl ihm die Mauern feucht erschienen, die Böden schmierig und die Decken höhlenhaft, hing er an seinem Heim. Es war sein Schutz vor der großen Schlammschlacht da draußen. Und vor den Blicken der Nachbarn. Solang es nicht eben massive Beschwerden gab, ließ er Hecken und Bäume wachsen, wie sie wuchsen. Das war auch mithin das Einzige, worin seine Frau und er sich noch einigen konnten.

Fünf Jahre später. Auch das Unkraut wuchs. Jesko stand am linken Wohnzimmerfenster, beobachtete, wie Regentropfen auf den Buchs einschlugen, und wartete auf die sechzehnjährige Jule, die von ihrem Tanzkurs längst zurück sein sollte. Stefanie schlurfte zu ihm an die Scheibe, um ihn giftig anzufunkeln: „Da siehst du’s. Sie hat einfach keine Lust mehr, pünktlich nach Hause zu kommen, und ich kann es ihr nicht verdenken.“

‚Wenn ich sie in letzter Zeit nicht gesehen hätte’, so ging es ihm durch den Kopf, ‚würde sie mir alt vorkommen’ – und er meinte nicht seine abwesende Tochter. Doch er blieb stumm und versuchte sich wieder voll und ganz auf den sommerlichen Schauer zu konzentrieren, der nun langsam ein wenig nachließ.

Stefanie schimpfte indessen ungeniert weiter. Der Reihe nach zählte sie jeden seiner sieben Aushilfsjobs auf, die er in den letzten Jahren angetreten und wieder verloren hatte; dann hielt sie ihm seine angeblichen Ticks und Schrullen vor und schoss sich nach einem Exkurs über ihre eigene Gutmütigkeit, die sie daran hindere, die Scheidung zu fordern, auf sein Schweigen ein. „Sag doch endlich was! Du machst mich wahnsinnig, wenn du nur so dastehst! Aber das weißt du, oder? Und tust es trotzdem. Weißt du, was du bist? Weißt du’s? Du bist der Totengräber meiner Hoffnungen!“

Jesko zuckte zusammen. Zeitlupenhaft drehte er den Kopf zu ihr um und stolperte mit dem Blick direkt in ihre fremden Augen hinein. Er öffnete den Mund, um etwas Angemessenes zu sagen,…

…und erschrak schon wieder, weil in diesem Moment die Klingel an der Haustür schepperte. – Warum hatten sie nie die Klingel ausgetauscht?

Er ging öffnen.

Draußen stand nicht Jule, die ihren Schlüssel vergessen hatte. Draußen standen die Nachbarn von jenseits der Mauer, will heißen: das Ehepaar Griesenau, und zogen undeutbare Gesichter. Der Mann bedauerte, dass man sich wegen der Hecke kaum noch sehe, und erklärte, sie hätten das Ende des Regens abgewartet, um mal vorbeizuschauen und ihnen, den Donnersbergs, das hier zu geben. Er drückte Jesko ein Foto in die Hand, das leicht vergilbte Abbild einer Familie im Garten; daneben die Worte ‚Frohe Weihnachten’. Herr Griesenau erklärte, sie hätten es beim Ausmisten ihres Kellers gefunden; keine Ahnung, wie es da runtergekommen sei; auf jeden Fall hätten sie gedacht, Familie Donnersberg würde sich vielleicht dafür interessieren, wie ihr Heim vor dreißig, nein, fünfzig Jahren ausgesehen habe – „also manches ist erstaunlich gleich geblieben, finden Sie nicht? Vor allem ja das Haus; man könnte glauben, das ist heute.“

Aber Jesko hatte nur Augen für die Bewohner. Es blieb ihm unklar, was ihn so alarmierte. Etwas jedoch war nicht zu übersehen: „Zwei Töchter? Ich dachte, die hätten nur eine gehabt.“ „Ach, das wussten Sie nicht?…“ Der Nachbar zog die Stirn in Falten. „…Traurige Geschichte. Die kleine ist in der Stadt von einem Auto erfasst worden, da war sie vielleicht fünfzehn oder so.“ Betreten und irgendwie rätselhaft schauten die Nachbarn sich an. Jesko beachtete sie nicht weiter. Ohne ein Wort stürmte er an ihnen vorbei zum Gartentor und starrte in die unbelebte Straße hinaus. Durch das Viertel hallten langgezogene Taubenrufe wie Klagen aus einer untergegangenen Welt.

Time And Its Flipside

They had decided against curtains and, as a result, every noise in the big rooms above a certain volume caused an echo that weaved itself almost imperceivably but persistently into their lives. Jesko found that quite okay. Whistling, he made the beds, and, still whistling, he went the still unfamiliar way down to the ground floor where, after crossing the ballroom-like living lounge, he opened the terrace door and stepped outside. It was a cool Saturday morning in summer. Stefanie had gone to town with the children to run some errands.

Jesko reached for the watering can and started to water the little potted peach and olive trees they had brought along from their former residence. These were at present the only form of greenery to be found in the whole garden since the previous owners had not only allowed the house, but also the outside area to become run down. Their daughter and heir, a middle-aged woman with a tired look, had resorted to a drastic cure: before letting prospective buyers in, she had had the vegetation cleared and cut down to the stumps. While everything was now renovated and comfortably furnished inside, from the outside the family’s new home still conveyed the impression of a majestically decayed antiquity jutting out of a lunar landscape.

“Hello, Mr Donnersberg!” The neighbour leaned over the not-yet-existing fence and shouted. “…Well? Already settled in?” “– Oh, good morning…” He had not yet succeeded in memorising her name. “…Yes, thanks. We felt at home from the first moment.” “Excellent. That’s how it should be.” The neighbour took a step forward, and her heel promptly sank into the mud.

Embarrassed, Jesko balanced on some tufts of grass and laid down some planks to reduce the distance between them and muttered apologetically: “You see it’ll be a while before we’re done here. I’m afraid we’ll still have to cause quite a lot of noise and mess.” “No problem…,” the neighbour answered with a smile, rubbing her shoe clean on the lawn of her property. “We’re used to all kind of noise from over on your side.” “What… what do you mean, exactly?” Jesko was suddenly curious. “Oh, there was always some commotion or other. You wouldn’t believe it: your predecessors would sit on the terrace quarrelling all summer long. They probably thought we were deaf. Or they just didn’t care if people heard them fight.” “Oh.” Jesko tried to imagine curse words and bitter reproaches reverberating around his newly purchased oasis. He just couldn’t picture it. The only thing he could hear were the doleful calls of a pigeon sitting somewhere in a nearby fir tree.

The neighbour, however, was nowhere near finished. With great vibrancy and animation she recounted the abusive remarks by the former residents, the banging doors, the broken dishes and the eternal litanies of complaint. Indeed, her report was so graphic that Jesko, that evening as he watched TV, almost thought he could hear the old lady of the house accusing her husband of being the grave-digger of her hopes and dreams. At that late hour Jesko was tired enough not to care too much about the matter. He leaned on Stefanie, thought about the work that still needed to be done, and reached for the remote to turn up the volume.

One month later. The painters were carrying the last parts of scaffolding away, with the aid of which they had cloaked the house in a shining white. Hastily they loaded everything into their van, called out a “Have a good one” to Jesko and sped off. As soon as they were out of the driveway, Stefanie stepped out through the front door, closely followed by Nora and Julia, who were both amazed at the transformation of their home. After the family had shown sufficient appreciation for the miracle, Stefanie called for everyone’s attention: “Look everybody. That one” – she opened her hand to show a key – “we’ll hide this behind the garage. Don’t forget! If we’re outside and the door slams shut, we can get in again no problem.” She strutted over the rough-looking lawn towards the denoted place, where a gap of two centimetres yawned between the garage and the wall of a bordering garden. “Wouldn’t you rather wait until the gardeners are done?” asked Jesko. “In the end, someone is bound to find it!” “Nah…” Stefanie waved all doubts aside. “I can’t imagine anybody will look in there.” She put her fingers into the gap as if trying to assure herself that no unsuspected abysses would open up in there. But suddenly she slowed down in the middle of the movement and, with a baffled look, she pulled out a rusty key.

However, before they could comment on this discovery, their neighbours appeared behind the wall, other neighbours this time, whom they had not yet seen very often. They were an elderly married couple with shining eyes directed at the newly refurbished house. “Like a picture…,” the man noted. “It looks … like a picture. Finally everything is going back to how it used to be.” And the woman added: “It really wasn’t a pretty sight, so run-down and with the garden growing wild. “Y-yes,” Jesko answered hesitantly, “I’ve already heard some things about the temper of previous owners.” “Oh really?”, Stefanie asked. “What temper?”, asked little Julia. The neighbour simply shrugged his shoulders: “True enough, towards the end they were… a little peculiar. They taped the mailbox shut and apparently shot at the Schrodingers’ cat. However, you know, I don’t like talking like this about people who have had so much misfortune. Up there…” – he pointed at the parents’ bedroom – “…they had their bedroom, and sometimes the window would be open and you could hear her groaning.”

Jesko opened his mouth for an appropriate answer only to shut it again immediately. “What… what do you mean exactly?”, inquired Stefanie for him. “Oh, you didn’t know?” The neighbour seemed genuinely surprised. “She always had great trouble with her leg; rheumatism or thromboses or whatever. She complained for years that it took her five minutes to climb the stairs. But obviously she didn’t want a stairlift installed. She must have gone through hell night after night.” “I don’t know if I…,” Jesko began, but before he could say “…want to know more,” the neighbour interrupted him and came up with a final furioso: “In the end they amputated the leg in the hospital. She didn’t survive. And her husband ended up in a retirement home and no one was allowed to tell him the house was sold.”

Later that evening, Jesko felt that the big rooms had shrunk significantly and it was with only half an ear that he listened to what the newsreader was going on about. It had taken some effort on his part to tell the neighbours that the terrace would soon be refurbished and the path to the front door re-laid. At that they had emphasised once more how delighted they were that everything was becoming beautiful again, as beautiful as it used to be. Then the whole family returned to the house. Stefanie did not allow him to lean his head against her shoulder – she was upset because he had not told her what he knew about the previous owners. Yet he had known nothing almost! And if he had told her, dammit, it would have changed nothing…

He reached for the remote, turned up the volume and let the weather forecast continue unheard.

Three years later. Jesko was very busy at work. His job was asking more of him than usual. Now, however, it was weekend, and he could work from home. With a pile of old accounts he needed for a benchmark study he left the attic and automatically listened to the sound of his steps as they rumbled down the stairs. He paused on the first floor. He’d been doing this rather often recently. Wherever he was in the hallways and rooms he had little breaks to open himself to the silence. From outside he could hear distant hammer blows and pigeon calls, but so mutedly that the lurking silence within seemed all the more present. How often might the old lady of the house have stood exactly at this place? What would she have thought of him? Jesko became lost in a hardly perceptible sizzling noise that most likely originated from one of the cupboards. He tensed up, pricked his ears to the limit and…

“Dad?” He recoiled with a start. He’d thought he was alone. Nora stood at the door of her room and shot a smile at him. “Dad, come in! I’ve found something interesting!” She guided him to the computer, where she’d been hunting for her home on Google Earth. Having found it she’d zoomed in as closely as possible. “Do you see the car?”, she asked. “And the awning?”

Jesko was gripped by an uneasy feeling. He found it incredible how every inhabitant of this planet could see with such richness of detail how the Donnersbergs lived. But that wasn’t all. He sat on his daughter’s desk chair to bring his eyes square to the screen. Indeed, there stood the red family vehicle outside the garage, and there was also the new yellow awning that spanned the terrace on sunny days.

It was a while before he understood what disturbed him. Eventually he realised that the garden layout, which at first glance appeared so familiar, seemed to have gone rather out of shape. No, that was not the garden he knew. Although the plants were mostly situated in the right places and looked right from above, many of them were of a considerable size, at least in comparison to the young plants that had been growing here over the last few years. It was like a glimpse into a parallel world. Jesko shook his head. How could he have missed that? Sure, the picture was a little blurred, but the longer he thought about it, the more the hedges seemed to sprawl, the trees to rocket upwards. The yellow awning – which now looked slightly faded to him – seemed barely necessary, with all the shade provided by the surrounding shrubbery. Nevertheless…

“Dad? What’s the matter?” “If you ask me,” he said slowly and without taking his eyes off the screen, “that is a shot from before we lived here.” “What? But that can’t be! Look, the flowerbed by the door and the rhododendron, and can’t you even see the little peach trees?” “I know. I know…………….”

The next time Jesko saw the neighbour who had told him about the eternal quarrelling of the former owners (by now he’d learned that her name was Mrs Tengler), he asked if the garden had ever looked similar in the past to how it currently looked. “Let me think…,” Mrs Tengler answered thoughtfully. “Now that you bring it up… But it’s a while ago now; the last I remember is the garden being a total mess.” “And there was a yellow awning over the terrace, wasn’t there?” The neighbour thought about it: “May well have been. One forgets so easily… Can’t you remember? It must have been there when you moved in.” “No. There was just a rusty frame.” “Oh, I see. If you want, perhaps I can find out.”

Jesko discovered that the previous owners often distributed home-made Christmas cards in the neighbourhood back when they enjoyed better times. And, if she remembered correctly, said Mrs Tengler, there was among them a family photo, a summer portrait in the garden with the words “Merry Christmas” or something below. She nodded hopefully: “Wait a moment.” And off she went to dig out the piece of evidence. Jesko waited. After ten whole minutes – out of boredom he had already begun to weed – she reappeared empty-handed: “I don’t understand it. I normally keep every card, but I just can’t find that one.” “Doesn’t matter. Thanks a lot.” Jesko and the neighbour continued to talk a little longer, and she served up some more horror stories about the former owners, especially from the time after the man had lost his job and started draining a bottle of red wine every day. It was already getting dark when Jesko disposed of the uprooted weeds in the hedge and strode towards the yawning abysm of his house. He bit his lip. For the first time he had to admit to himself that these old stories were troubling him.

Four years later. The loss of his job had affected him deeply. On bad days he would have one vexatious thought in the morning that would continue to torment him until evening. At least they could keep hold of the house, albeit only because it was already fully paid off and Stefanie had taken on extra hours in the office. – Oh, Stefanie … She had grown more and more taciturn until suddenly a flip was switched and she began to open her mouth. It seemed to him that the climate within the family became harsher from one summer to the next. He was sure that half the neighbourhood could hear his wife as she sat on the terrace criticising the school performance of the children and blaming him for their failure.

Yet she would just say that the neighbours did not have elephant ears. And when he finally snapped back it seemed almost irrelevant to him whether he was heard or not. Mrs Tengler had moved out before it really started – which was probably for the best. At times he thought about initiating a radical change of course through a surprising act. He had to do something different. Start training as a florist. Work as a ranger in a national park. Anything was all right as long as it was different. One morning, in this spirit, he decided to rotate around his axis a hundred times and to hope the previous owners had never done that.

The walls of the house moved closer and closer together. Yet after his customary walks from one room to another he often felt as if he’d just completed a forced march. He was obsessed by all the things that might have happened here, in the bathroom, in the kitchen, in the bedrooms. Stefanie was clearly no longer interested in such questions. She felt she had enough problems of her own – and Jesko could understand that well enough. He hiked from the basement to the attic and back. He listened into the silence and became angry when the children suddenly began to talk. But although the walls seemed damp, the floors greasy and the ceilings cave-like, he had strong feelings towards his home. It was his haven from the great mud fight out there in the world. And from the glances of his neighbours. As long as there were no serious complaints, he let the hedges and trees grow as they pleased. That was also one of the few things on which he and his wife could still agree.

Five years later. The weeds grew as well. Jesko stood at the left window of the living room and watched as the raindrops hammered down on the box trees. He was waiting for sixteen-year-old Julia who should have long been back from her dancing class. Stefanie shuffled over to him near the window and cut him a poisoned look: “There you are! She just doesn’t fancy coming home on time any more, and I can’t blame her.”

‘If I hadn’t seen her lately,’ he thought, ‘she would seem old to me’ – and he did not mean his absent daughter. But he remained mute and tried to concentrate again on the summer shower, which now was slowly abating.

Stefanie, meanwhile, went on ranting without embarrassment. One by one she listed each of the seven lowly jobs he had had and lost over the past few years. Then she held forth about his alleged tics and quirks, and after an excursus on her own good nature, which prevented her from requesting a divorce, she zeroed in on his silence.

“Say something! You’re driving me crazy just standing there like that! But you know that, don’t you? And you do it anyway. You know what you are? Do you? You’re the grave-digger of my hopes and dreams!”

Jesko winced. As if in slow-motion he turned his head to her and stumbled with his glance into her foreign eyes. He opened his mouth to say something appropriate …

… and was startled yet again as the sound of the doorbell pierced his eardrums. – Why had they never changed the bell?

He went to open the door.

It wasn’t Julia having forgotten her key. There on the doorstep stood the neighbours from the other side of the wall: the married couple Griesenau, baring uninterpretable facial expressions. The man regretted that they hardly saw each other these days thanks to the hedge, and explained that he and his wife had waited for the rain to stop so that they could drop by and give this here to the Donnersbergs. He handed Jesko a photo, a slightly yellowed shot of a family in the garden, beneath them the words “Merry Christmas”. Mr Griesenau explained that they had found it when cleaning out their basement; no idea how it got down there but they had thought the Donnersberg family might be interested in how their home had looked thirty, no, fifty years ago – “well, some things look astonishingly similar, don’t you think? Especially the house; you could think the photo had been taken today.”

However, Jesko’s eyes were fixed on the residents. He wasn’t sure what alarmed him so much. But something jumped out at him: “Two daughters? I thought they only had one.” “Oh, you didn’t know?” The neighbour wrinkled his brow. “Sad story. The younger one was hit by a car when she was around fifteen.” The Griesenaus glanced at each other awkwardly and mysteriously but Jesko was oblivious to their presence. Without a word he ran past them to the garden gate and stared down the lifeless street. Through the district there echoed a chorus of pigeon calls like laments from a lost world.

Michael Lösel
Michael Lösel (Germany): German & English Text

Spiele der Annäherung

(Eine Art Prosagedicht)

I

Die Zeit des wortlosen Spielens war vorüber und das Spielen mit den Worten hatte noch nicht begonnen. Das Einverständnis und das selbstverständliche Vertrauen, womit sie sich in die schwindelerregende Tiefe des Augenblicks des anderen fallen gelassen hatten, war mit dem Gedanken an eine Begründung verloren gegangen. Und mit der Suche nach einem Grund wuchs die Furcht.

Etwas Neues war eingetreten, ließ die Tür offen stehen, und trotz seiner philosophischen, psychologischen und belletristischen Lektüre, die er durch sie dankbar aufgenommen hatte, wusste er das neue Flair, das den Raum durchwehte, nur unbeholfen in Worte zu fassen.

Lust und Begierde konnten nicht mehr mit kindlicher Neugier bis zur Auslöschung des Ich in der Euphorie gesteigert werden – und der Moment des Kusses war kein Vorspiel mehr auf ein weit entferntes Glücksversprechen. Er stand am Ende seiner Schulzeit zwar auf festem, wenngleich nicht sicherem Grund. Die Zukunft war offen.

Etliche Jahre später bot die Erinnerung an ihre gemeinsame Jugendzeit Anlass, ihm ihre Version davon zu beschreiben:

„Man erinnert sich nicht an ein Ich oder Du. Nur an eine Szene, worin der andere vorkommt. Und waren es nicht Rollenspiele, Rollen, die wir in kleinsten Sequenzen, in jeder Geste, Gebärde, Pose durchspielten? Und dazu das Pathos, dieser Tonfall – auch wenn es nur kürzeste Sätze waren. War es nicht so, dass wir die Wirkung der Worte erproben wollten? Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie du auf einer dieser Terrassenmauern balanciertest, einen Margeritenkranz im verstrubbelten Haar, und dich dann von der Mauer herab an mich wandtest, pathetisch wie der alte Konfirmationspfarrer – einfach urkomisch – : ‚Und ich sage dir, die wahre Bedeutung des Wortes, mein Kind, wirst du nur in der Schule des Lebens erfahren können.‘ Und ich habe mich lachend im Gras gewälzt. ‚Du bist gemein‘, hast du gesagt und bist von der Mauer gesprungen. Und als ich darauf sagte ‚na und‘ und deine Geste der Überschwänglichkeit nachahmend schmachtend gen Himmel rief ‚ich liebe dich‘, warst du bis zum Abend beleidigt, obwohl ich dir noch einen Kuss gegeben hatte. Du sagtest immer nur ‚lass mich‘.“

 

II

Mit seinem „Lass mich!“ hatte er versucht, Verstimmung zu verbergen. Jetzt greift er sich ein Buch, das ihm bekannt vorkommt. Er liegt auf ihrem Bett, den Rücken an der Wand, und starrt ins Leere. Samt Buch hat er sich in die Schmollecke gelegt, durchblättert es und sieht die weißen Flecke eines Salamanders, gelb gefärbt mit einem Stift von Kinderhand. Darunter „salamandra salamandra“, wie eine Zauberformel.

Mehr sieht er nicht, bevor ihr Schatten sich bewegt. Er lauscht: Bei leisem Plätschern zupft sie Grashalme aus ihren Haaren, die vom Gartenwortspiel dort verblieben sind. Dann wäscht sie sich. Das Plätschern dauert eine ganz geraume Weile. Er schließt die Augen, sucht nach Worten, überlegt was er ihr sagen soll. Vielleicht mit Witz eine Versöhnungsgeste? Bedauert jedes Wort, das er bei sich bedenkt, beißt sich auf seine Lippen … Sie so sprachgewandt und seine Liebste. Er aus Scham gebannt und grübelnd unentwegt. Doch das Geräusch des feuchten Schritts auf kalten Badezimmerfliesen erschreckt ihn und lässt ihn das Buch beiseite legen.

Mit Handtuch über ihren Schultern, ihr Dreieck vor seinem Gesicht, kniet sie, umschließend seine Hüften, dass es ihn erregt, und fragt, ob er sie noch nach Zeckenvieh absuchen könne, gäbe es doch Stellen, die sie selbst nicht einsehen könnt‘.

Die Arme ausgebreitet, buddagleich orakelnd, gibt er Kunde: „Salamandra-Mantra, komm, ich bin gut aufgelegt“. Sie kichert, senkt die Kniee auf das Bett, mit ihren nassen Strähnen im Gesicht, öffnet sie den Reißverschluss seiner Hose und entkleidet ihn, damit er aufersteht. Dann umarmt sie ihn: „Glaub mir, der Streit ist beigelegt.“

 

III

Sie wälzten sich auf einem Frühlingsblumenmeer des Lakens, auf dem sie sonst träumten, hin und her. Sie küssten sich und ihre Füße, die flink und tastend sonst über den Smyrna liefen, wenn ihre Stimmen sie zur Nacht zum andern riefen. Sie schmeckten ungeahnte Süße. Züngelnd leckten sie das Salz von ihrem Leib in ihrem Liebesgarten, nur zum Zeitvertreib. Umschlungen lagen sie dabei, und atemlos die warmen Körper eng umfangen, umhalsten sich mit Arm und Bein wie Gartenschlangen, dem Kugelmenschen gleich, die zwei.

Im Herzen herrschte Ruhe. Doch die Körper bebten. So lagen sie in ihrem Garten und erlebten tiefes Atmen, stumme Küsse, bis sie den Knoten ihrer Schleife endlich lösten und in erschöpften Schlummer fielen. Und sie dösten, ersehnend tiefere Genüsse, bis zum Erwachen und neuerlichem Spielen.

Games of Approach

(A kind of a prose poem)

I

The era of dumb games was over and the play at words had not yet begun. Mutual consent and self-explanatory trust that had made them hurl themselves into the dizzying depth of the other’s in-stance had been lost by figuring out a cause. And by devising a cause for it all they grew fear.

Something new had made itself felt, left the door ajar, and in spite of his philosophical, psychological and artistic erudition, which he had gratefully accepted from her, he could just clumsily spell out the novel atmosphere wafting across the room.

Lust and desire could no longer be augmented in childish curiosity up to the point of annihilation of the ego by euphoria – and the moment of kissing was no longer a foreplay leading to a promise of happiness to follow at some far-off time. Near the end of his school years, he set foot on firm, albeit insecure ground. The future was undecided.

Several years later, her memory of their shared youth made her describe her recollections to him as follows:

„An I or a You are, as a rule, not remembered as such. There is only recollection of a scene, perhaps, involving the other part. And had there not been parts played, roles we played out by diminutive se-quences, in every gesture, attitude, pose? And then again, the in-flections of voices, the pathos? Even if they only consisted in minute sentences. Did we not endeavor to test the effects of words? I am well able to remember you balancing on one of those parapets, a crown of marguerites in your disheveled hair, addressing me from above like the pontificating parson at a confirmation service – utterly ridiculous –: ‚And I tell unto you, the true meaning of the word, my dear child, you will only be able to grasp by attending the school of life.’ And I fell over and rolled in the grass with laughter. ‚You are mean’, you said and jumped from the little wall. And when I retorted ‚So what?’ and shouted to heaven, imitating your pose of exaltation ‚I love you’, you remained crossed for the best part of the evening, although I had given you an additional kiss. You kept saying ‚Leave me alone. “

 

II

With his „Leave me alone “, he had tried to hide his being crossed. Now he picks up a book that seems well known to him. Lying on her bed, his back to the wall, staring emptily. He has sulkily with-drawn to a corner of the room clutching this book of hers, fingers its pages and hits on the white spots of a salamander, colored yellow by a child’s hand. Below the words „Salamandra, salamandra“, like an incantation.

He does not notice anything else, until her shadow stirs. He hearkens: while water lightly splashes, she picks blades of grass from her hair that have stuck since they played at words in the garden. Then she rinses them. The splashing continues for some time. He closes his eyes and searches for the wording that infers a message he wants to reach her. Should he try some witty remark for reconciliation? He regrets every word he deliberates upon, bites his lips… She is so eloquent and she is his beloved… He so ashamed and desperately longing for a verse… But the sound of her damp feet on cold bathroom tiles gives him a start so that he lays the book aside.

With a towel over her shoulders, her magic triangle in front of his face, she stoops and caresses his hips, arousing his and hers, and asks whether he would like to search her skin for ticks, as there were spots, she could not see herself.

Spreadeagling his arms, with buddha like sonority, he pronounces the oracle: „Salamandra-Mantra, I am not at all averse. “She gig-gles, lowers her knees to the bed, wet strands of hair over her face, she unzips his trousers and disrobes his prancing stand. Then she hugs him: „Believe me, nothing more demurs. “

 

III

They rolled upon a lake of vernal flower, the sheet on which they dreamt as in a bower. They kissed each other and their feet, that used to walk the Smyrna swift and fleet, when nightly calling each the other sweet. And sensed fulfilment by the hour. Their nimble tongues salt from their bodies licked in their love’s orchard, time and time they nicked. Both cozily entwined, breathless and tight their bodies clung, convulsively like snakes their limbs were hung to form the archetypal human ball.

Their hearts were calm. Their bodies shook. So they lay in their garden and betook themselves to breathing deeply and caresses until at last their silent knot unmade they fell exhausted, slumbering in the shade for deeper lust still making higher guesses. And woke and played and love’s renewal tried.

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